Mit Hindernissen über Oslo nach Bergen

Nachdem ich ja ab Januar wieder einen Vollzeitjob habe, nutzen wir die verbleibende Zeit für – natürlich – eine Reise. Nicht weit weg, eher etwas Entspanntes zum Genießen. Und weil Norwegen zu unseren absoluten Lieblingsländern gehört und wir schon so viel Tolles über das Winterlicht gehört haben, steht unsere Entscheidung schnell fest: Wir buchen die 12-tägige klassische Postschiff-Route bei den Hurtigruten. Und wir fliegen so früh nach Norwegen, dass wir genug Zeit haben, uns Oslo in Ruhe anzuschauen. Die großen Städte vermeiden wir ja auf unseren Motorradtouren meistens, so dass wir hier Nachholbedarf haben.

Bahn- und Flugchaos

Aber wie so oft, kommt es anders: Anfang Dezember herrscht in München Schneechaos. 40 cm Neuschnee. Wir sitzen am Samstagvormittag noch mit Freunden beim Erbsensuppe-Essen, der Spendenaktion des Erdinger Roten Kreuzes, da erreicht uns die Nachricht der Lufthansa: Unser Flug wird abgesagt. Erst mal kein Problem, wir bleiben einfach noch ein bisschen, auch die Koffer haben wir noch. NOCH.
Die Hotline ist überlastet, der Chatbot bricht regelmäßig ab, aber irgendwann haben wir einen Ersatzflug für Montag und genießen das Wochenende mit unseren Freunden.

Schnee auf Baum
Zugegeben: Es ist viel Schnee gefallen


Am Montag geben wir unsere Koffer auf und warten am Gate. Eine sehr dringliche Frauenstimme erschallt über die Lautsprecheransage und beschreibt die Situation: Hunderte von Reisenden seien am Flughafen gestrandet; wer kann, soll sich ein Hotelzimmer suchen oder mit dem Zug aus München abfahren. Die Lufthansa würde die Kosten übernehmen. Blöderweise ist auch der Münchner Hauptbahnhof seit Samstag wegen Schneechaos gesperrt. Wir sind relativ entspannt, nach 2 Gatewechseln sollte unser Flug ja wohl stattfinden, zumal wir bei der Anfahrt Flugzeuge in der Luft sehen konnten.
Wir waren wohl zu optimistisch: Irgendwann verkündet die mittlerweile ziemlich verzweifelt klingende Frauenstimme per Lautsprecher, dass unser Flug abgesagt wird, weil der Flieger schon in Georgien nicht starten konnte. Wie bitte, das wissen die erst 30 Minuten, nachdem das Flugzeug hätte landen sollen??
Alle um uns herum hasten Richtung Ausgang, wir bleiben sitzen und starten den Chatbot. Kurze Zeit später haben wir einen Ersatzflug für Mittwoch und die Information, dass unsere Koffer ebenfalls auf diesen Flug umgebucht wurden. Als wir den Flughafen verlassen, zieht sich die Schlange vor dem Infoschalter gefühlt kilometerlang durch die Halle.

Flughafen ohne Schnee
Auf dem Münchner Flughafen ist kaum Schnee zu sehen, trotzdem startet die Lufthansa nicht.


Wir ärgern uns zwar, dass wir nun weniger Zeit in Oslo haben, aber der Puffer bis zur Schiffsreise ist groß genug, so dass wir uns noch keine Sorgen machen. Die starten erst, als wir am Abend die Absage des frisch gebuchten Flugs erhalten. Neuer Flug Donnerstag, der 7. Dezember – mittlerweile haben wir fünf Tage Verspätung. Unsere relative Gelassenheit schwindet allerdings rapide, als wir am Abend vor dem Flug anhand der AirTags sehen können, dass unsere Koffer nicht mehr in München sind, sondern sich auf dem Weg nach Frankfurt befinden.
Wir befürchten, in Oslo erst mal einkaufen zu müssen – und genau so kommt es dann auch: Wir kommen in Oslo ohne Koffer an – und auch komplett ohne Informationen über Gepäck. Die Lufthansa-Webseite für vermisstes Gepäck meldet 6 Tage lang, sie würden unsere Koffer suchen. Komisch, unsere AirTags zeigen sie in einer Flughafenhalle in Frankfurt. Am Tag 7 gelten die Koffer als gefunden, aber da Tag 7 auch der Tag vor Beginn der Schiffsreise ist, gibt es keine Chance, dass die Koffer uns noch rechtzeitig erreichen. Wir geben als Lieferadresse wieder Erding an und gehen einkaufen. Hauptsächlich Wäsche und Wollpullover. Auf die meisten teuren Dinge verzichten wir, da wir (Spoiler: zu Recht) befürchten, auf den Kosten zur Zweit-Skihose und Zweit-Heizweste sitzen zu bleiben. Nur ein neues Stativ kaufe ich mir, immerhin habe ich mir extra vor der Reise eine neue Kamera (mit Stativ) zugelegt. Wir wollen ja Polarlichter sehen.

Schnee Flughafen
In Oslo liegt viel Schnee, aber dort startet alles planmäßig

In der norwegischen Hauptstadt

Endlich erreichen wir unser AirBnB in Oslo. 5 Tage lang habe ich fast täglich informiert, dass wir noch kommen werden, wenn auch verspätet. Zum Glück ist das Unternehmen professionell und vergibt die Wohnung nicht weiter, im Gegenteil: Für die verbleibenden Tage kriegen wir ein Upgrade: eine deutlich größere Wohnung als gebucht. Und die liegt klasse: direkt über einer winzigen Bäckerei mit einem urigen Café und wunderbaren Zimtbollen. Die trösten uns beinahe über unseren Lufthansafrust hinweg. 🙂
Oslo im Schnee ist sehenswert. Alles wirkt ein bisschen verschlafen, dabei befinden wir uns doch in der größten Stadt Norwegens mit immerhin 700.000 Einwohnern. Wir schlendern durch die Straßen, über Friedhöfe, besuchen das Grab von Edvard Munch (der mit dem Schrei) und genießen, dass alles fußläufig zu erreichen ist.
Zu Fuß erreichen wir auch das Restaurant Hrimnir, dass für seine Ramen bekannt ist. Zu Recht, wir sind begeistert.

Zimtbollen
Zimtbollen

Die Norweger und ihre Sauna

Gegenüber der Oper und dem Munch-Museum machen wir noch eine Beobachtung der skurrilen Art: Die Norweger sind hart im Nehmen. Auf dem Wasser befinden sich mehrere schwimmende Inseln mit Saunen. Nicht nur, dass diese Saunen Fenster haben: man kann von drinnen aus den Blick aufs Wasser genießen, allerdings kann man auch von draußen den Blick auf die Saunenden genießen. Ein ungewohnter Anblick für uns Festlandeuropäer.
Außerdem beobachten wir, wie sich die Gäste nach der Sauna abkühlen: mit einem Sprung ins offene Wasser. Wir bekommen schon beim Anblick eine Gänsehaut und wären vermutlich sofort wieder aus dem Wasser geklettert. Aber nicht so die norwegischen Eishelden: Wir beobachten sie mehrere Minuten beim Schwimmen. Und sie machten noch keine Anstalten, herauszukommen, als wir weiterschlendern.

Oslofjord
Schwimmerin im Oslofjord

Bergenbanen und Flåmbanen – ein Erlebnis

Ein paar Tage später verlassen wir Oslo, unser Schiff startet ab Bergen. Wir nehmen den Zug, die Bergenbanen, allerdings nicht in einem Rutsch, sondern mit Abstecher nach Flåm. Lt. Lonely Planet gehört die Eisenbahnstrecke zwischen Myrdal und Flåm zu den schönsten der Welt. Wir können das nicht bestätigen.
Das liegt aber nicht daran, dass die Strecke nicht sehenswert wäre, das ist sie unbestritten: Von 866 Metern Höhe schraubt sich die Bahnstrecke auf Fjordhöhe hinab, dabei sehen wir verschneite Berghänge, eingefrorene Wasserfälle und verschlafene Dörfer. Wir genießen die 45-Minuten-Bahnfahrt sehr.
ABER: Wir haben gerade eine fünfstündige, absolut großartige Strecke hinter uns. Seit Oslo gucken wir ununterbrochen aus dem Fenster, manchmal mit offenem Mund, so wild-romantisch (wie unfotografierbar) ist der Anblick. Weite, verschneite Landschaft. Die Welt ist schwarz-weiß, nur ein paar rotgestrichene Häuschen schaffen es noch, etwas Farbe hervorzubringen. Alles scheint im Winterschlaf zu liegen. Zwischendurch ist es so schnee-hell, dass ich die Augen zusammenkneifen muss, um etwas zu sehen.
Hinter Ustaoset kommt die Durchsage, dass die Caféteria ab sofort Barzahlung erbittet, da die Internetverbindung hier im Hochland nicht so gut sei. Wir grinsen, nicht mal die Münchner S-Bahn hat durchgehend Internetverbindung, verglichen damit ist Norwegen ein Internetparadies.
Die Fahrt zwischen Oslo und Myrdal durch die tiefverschneite Hardangervidda gehört für uns zu den schönsten Strecken überhaupt.
Vielleicht nur im Winter, keine Ahnung. Am besten, wir wiederholen diese Reise noch mal zu einer anderen Jahreszeit.

Die Bahnstrecke Oslo-Bergen mit Abstecher über Flåm
Die Bahnstrecke Oslo-Bergen mit Abstecher über Flåm
Verschneite Hardangervidda

Flåm

Flåm selbst ist eher unspektakulär. Mehrere Hotels, mehrere Souvenirläden, ein Supermarkt. Dazu ein paar Häuser und ein großer Parkplatz. Der Ort liegt direkt am Aurlandsfjords, einem Seitenarm des Sognefjords. Ich erinnere mich, dass wir auf unserer sechswöchigen Norwegenreise 2020 durch Flåm fuhren. Die Straße verläuft allerdings die meiste Zeit im Tunnel, so dass die Erinnerung sehr schwach ist. Die Gegend um Flåm herum fanden wir damals aber wunderbar: Die Hardangervidda war schon damals menschenleer und ähnlich karg wie Island. OK, dass wir mit den Motorrädern über die Pässe fuhren, während die meisten anderen Fahrzeuge den Tunnel nutzen, hat bestimmt auch geholfen.
Wir übernachten im Hotel und nehmen am nächsten Morgen die Flåmbanen nach Bergen. Die restlichen 2 Stunden von Myrdal nach Bergen sind eher langweilig und kein Vergleich zum Erlebnis vom Vortag. Aber die Bilder der verschneiten Hardangervidda bleiben uns noch lange im Kopf.

Flambanen
Auch schön…
Verschneite Hardangervidda
… aber kein Vergleich

Über unsere Reise mit den Hurtigruten erzähle ich euch in den nächsten Blogartikeln. Bleibt gespannt.

One thought on “Mit Hindernissen über Oslo nach Bergen

  • Hauptsache ihr habt warme Unterhosen gekauft. Weiter eine gute Reise und frohe Weihnachten.
    Wir kennen Norwegen bisher nur im Sommer. Winter wäre zu überlegen.

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