2018 haben wir uns zwei gebrauchte BMW G650 GS Sertaos mit jeweils ca. 10.000 Kilometern auf dem Tacho zugelegt. Mit diesen Motorrädern sind wir ein Jahr später auf Weltreise gegangen. Zeit genug, sich zu überlegen, was alles optimierbar ist und es auch umzusetzen. Wir haben die Sertaos letztendlich deutlich umgebaut. Sind alle Umbauten notwendig gewesen? Nein, sicher nicht. Schon in der Serienausführung ist die Sertao ein gutes Motorrad. Aber es hat Spaß gemacht und viele Dinge sind auf einer langen Reise hilfreich.
Hier die Liste unserer Um- und Anbauten
- Lenkerumbau: Wir haben Wolfgangs Lenker auf Protaper umgebaut. Mit einer Stärke von 28mm und “extra verstärkt” verbiegt er sich bei Stürzen nicht so leicht wie der Originallenker. Der Umbau ist aufwendig und nicht TÜV-eintragbar, daher haben wir ihn nur bei Wolfgangs Sertao gemacht. Und prompt ist bei Danielas Motorrad in Kirgistan der Lenker bei einem einfachen Umfallen verbogen. Das hat uns einige Stunden in der Werkstatt beschert, da er nur schwer wieder gerade zu biegen war. Für den nächsten Abschnitt der Reise bekommt also auch Daniela einen verstärkten Lenker.
- Größerer Tank: Wir haben bei beiden Sertaos den Tank ausgebaut und den aus der alten F650 GS eingebaut. Die alte Version hatte 18 Liter Tankvolumen und die G650 GS nur 14 Liter. Dieser Tankumbau hat uns also eine deutlich höhere Reichweite verschafft. Der Tank passt 1:1, nur die Seitenverkleidung passt nicht mehr ganz perfekt, da sich zwischenzeitlich das Design geändert hatte. Das ist aber höchstens ein Schönheitsfehler.
- Einflutiger Auspuff: Im Original hat die Sertao zwei Auspufftöpfe. Da wir den Platz lieber für Ersatzteile verwenden wollen, haben wir auf eine einflutige Anlage umgestellt. Da die legalen Einflutigen uns zu laut sind, haben wir einen SR-Racing-Endtopf mit einem Arrow-Verbindungsrohr verbaut und einen leiseren DB-Eater verwendet. (Ist in Deutschland so nicht zugelassen, aber im Rest der Welt kein Problem.)
- MRA Scheibe für einen besseren Windschutz: Die neue Scheibe ist auch etwas höher als die alte.
- LED-Blinker vorne und hinten: Wir haben hier einfach die Blinker von einer R1200 GS verbaut. Diese sind um ein Vielfaches besser zu sehen als die originalen Blinker. Außerdem mussten wir uns keine Gedanken darum machen, ob die Birnen im Blinker vielleicht auf schlechten Straßen den Geist aufgeben können. Passen 1:1, man benötigt nur einen Widerstand und muss die Kabel zusammenlöten.
- LED-Rückleuchte: Wie bei den Blinkern haben wir einfach die Rückleuchte der R1200 GS verwendet. Und zwar aus demselben Grund wie bei den Blinkern: Heller und widerstandsfähiger. Passt 1:1.
- Abflussrohr 120 mm als Stauraum anstelle des zweiten Auspuffrohrs: Den Platz, den wir durch die Nutzung des einflutigen Auspuffs gewonnen haben, haben wir genutzt, um zwei Abflussrohre aus dem Baumarkt zu montieren. Für diese Rohre bekommt man im Baumarkt auch passende Deckel. Das vordere Ende, an das man nach der Montage nicht mehr drankommt, haben wir fest verschlossen. Beim anderen Ende haben wir eine Art Bajonettverschluss in den Deckel gefräst und eine Schraube als Gegenstück ins Rohr eingesetzt. Durch Drehen kann man den Deckel dann öffnen (leider nicht ohne sich die Hände dreckig zu machen, wenn das Motorrad nicht gerade frisch gewaschen ist). Diese Konstruktion ist wasserdicht und in die Rohre passt eine Menge hinein. Wir haben den Platz hauptsächlich für Werkzeug genutzt. Das war damit tief und zentrumsnah am Motorrad verstaut und hat daher die Fahreigenschaften wenig beeinflusst.
- Abflussrohr 90mm als Stauraum anstelle des zweiten Auspuffrohrs: Unter dem 120mm-Rohr war noch Platz für ein etwas längeres 90mm-Rohr. Hierdrin war das Fotostativ perfekt untergebracht.
- Abflussrohr als Stauraum am Motorschutz: Ein weiteres simples Abflussrohr aus Plastik haben wir mit Schlauchschellen und Kabelbindern vorne am Motorschutz befestigt. Danke an Robert von Ride2seetheword.de für diese Idee, auf der Reise haben wir das dann noch öfters gesehen. In diesem Rohr war ein bisschen Werkzeug sowie Ersatzschläuche untergebracht. Durch die tiefe Lage haben diese beim Fahren nicht gestört. Leider hat Danielas Motorrad durch die Tieferlegung so wenig Federweg, dass uns diese Konstruktion in Georgien auf wirklich schlechter Piste (nach Shatili) in einem tiefen Schlagloch zerbrochen ist. Bei Wolfgang hat das aber auf der kompletten Reise gut funktioniert.
- Werkzeugbox: Die Werkzeugbox von Touratech hat Wolfgang unterhalb des Auspuffs befestigt, und zwar einfach mit Metallwinkeln am Kofferträger.
- Sturzbügel als Schutz für die Verkleidung: Hier haben wir die Sturzbügel von Touratech gewählt, in silber gekauft und in schwarz pulverbeschichten lassen. Sturzbügel als Schutz für den Motor: Wir haben den Original-Motorschutz, den die Sertao serienmäßig mitbringt, mit Bügeln aus dem BMW-Zubehörshop verstärkt, um dem Motor einen optimalen Schutz zu bieten. Auch dieses Teil wurde in schwarz pulverbeschichtet.
- Netz zwischen Motorschutz und Tankschutz: Zwischen den beiden Sturzbügeln haben wir auf beiden Seiten des Motorrads je ein Netz gespannt. Dieses Netz gehört eigentlich zum Autozubehör und hält normalerweise Kleinigkeiten zwischen Fahrer- und Beifahrersitz zusammen. Dieser Anbau hat sich extrem gelohnt. Er ist perfekt, um mal schnell die Handschuhe an der Grenze oder der Mautstation zu verstauen oder beim morgentlichen Aufbruch von Campingspot den Abfall mitzunehmen. Aber Vorsicht: das Netz leiert schnell aus, es ist wirklich nur für Kleinigkeiten gedacht.
- Sitzbank von Touratech, gekürzt: Wir haben beide Motorräder mit Sitzbänken von Touratech ausgestattet, weil die einfach bequemer sind als die Originale. Zudem hat Wolfgang die Sitze gekürzt, um
- ein Pelicase als Topcase direkt auf den Rahmen zu schrauben. Das hat sich gelohnt, da die übliche Befestigung von einem Topcase bedeutet hätte, dass viel Gewicht sehr weit oben und sehr weit hinten am Motorrad angebracht wäre. Wir können jetzt mit unserer Lösung so einiges an Gewicht verstauen, ohne das Fahrverhalten großartig zu verschlechtern. Der Umbau war aber sehr aufwendig, da für den Kennzeichenträger und das Rücklicht ein komplett neuer Halter konstruiert werden muss. Außerdem musste die Verkleidung gekürzt und eine neue Sitzbankverriegelung konstruiert werden. Beim TÜV war dies interessanterweise kein Problem, da die Sertao serienmäßig für Ein- und Zwei-Personen-Betrieb zugelassen ist.
- CLS Kettenöler: Seit wir das erste Mal gemerkt haben, wie praktisch es ist, nicht mehr selbst regelmäßig schmieren zu müssen, statten wir alle unsere Motorräder mit Kettenölern aus.
- 4xLED Zusatzscheinwerfer: Die Firma 4xLED stellt robuste und helle Zusatzscheinwerfer her, die 3500 lumen neutralweisses Licht ausstrahlen. Ohne dieses Zubehör möchte ich nicht mehr unterwegs sein. Man wird einfach viel besser gesehen. Nach unserem Unfall in der Mongolei war bei einer Lampe bei Daniela das Schutzglas vorne zerbrochen. Trotzdem hat das Licht noch einwandfrei funktioniert. Sie haben eine Tagfahrlicht-Funktion, so dass sie immer leuchten, aber den Gegenverkehr nicht blenden. Leider haben sie keine CE-Kennzeichnung und sind daher nicht StVO-konform.
- Steckdose und Dual-USB-Anschluß im Cockpit mit Kohlefaserbox: Für diese Eigenkonstruktion hat Wolfgang Kohlefasergewebe und Epoxidharz gekauft und selbst einen Halter konstruiert, mit dem die Steckdose rechts vorne im Cockpit befestigt werden konnte.
- Tieferlegung von Danielas Sertao: Wir haben Danielas Motorrad um 60 mm tiefergelgt, indem wir ein anderes Fahrwerk eingebaut haben, nämlich das von Wilbers. Als Konsequenz fuhr sich das Motorrad sehr hart und Daniela musste auf schlechten Straßen oft an Stellen aufstehen, über die Wolfgang entspannt drüber gefahren ist. Dies würden wir so nicht mehr machen. Lieber etwas weniger Bodenkontakt mit den Füßen und dafür weicheres Fahren. Wolfgang hat das Original-Federbein behalten. Sehr weich und nur 1x durchgeschlagen. Sehr angenehm
- Tiefe Fußrasten: Wolfgang nutzt die niedrigen Touratech Works Fußrasten, da diese ihm einen angenehmeren Kniewinkel bieten.
- Excel-Felgen: Nachdem wir in der Mongolei angekommen waren, mussten wir feststellen, dass unsere Felgen ein paar böse Dellen abbekommen haben. Es waren wohl ein paar Schlaglöcher zuviel. Deswegen steigen wir jetzt auf die stabilieren Excel Felgenringe um, obwohl diese in Deutschland nicht zugelassen sind. Für Südamerika ist das aber unerheblich.
- Benzinfilter von Guglatech: Da man auf so einer Reise auch oft Benzin aus sehr rostigen Tanks bekommt, haben wir einen zusätzlichen Benzinfilter Guglatech, eingebaut, welcher direkt in die Öffnung des Benzintanks gesteckt wird. Leider gibt es diese Filter nicht für die Sertao, so dass Wolfgang die Filter für die F650 GS gekauft hat und ein paar Anpassungen vornehmen musste (schneiden, feilen, bohren – also “rumferkeln”, um den genialen Ausdruck eines Ex-Arbeitskollegen zu nutzen).
- Auswaschbarer Luftfilter von Unifilter: Um möglichst wenig Ersatzteile mitnehmen zu müssen, haben wir uns für auswaschbare Luftfilter von Unifilter entschieden. Wir sparen ein bisschen Platz, obwohl das Fläschchen mit Öl trotzdem irgendwo untergebracht werden muss. Und es ist immer eine Schmiererei, die öligen Luftfilter zu reinigen, zu trocknen und neu einzuölen. Wir hatten dafür aber nie Probleme mit verstopften Filtern, obwohl gerade Daniela hinten viel Staub abbekommen hat. Ein Tipp: Das Tragen von Einmalhandschuhen beim Waschen und später beim Wiedereinölen hilft, die Schmiererei in Grenzen zu halten.
- Scheinwerferschutz: Hier hatten wir billige No-name-Teile aus chinesischer Produktion. Auf der Fahrt sind bei Wolfgang dann schon sehr früh (kurz vor Odessa) die Halterungen des Scheinwerfers gebrochen. Ob es was mit dem Schutz zu tun hatte? Keine Ahnung, aber es war ganz schön aufwendig, die Halter mit Flüssigmetall wieder zu reparieren.
- Sehr laute Hupe: Da die Originalhupe von BMW ein bisschen schwach auf der Brust ist, haben wir eine andere verwendet, nämlich die Stebel Nautilus compact. Diese Hupe erzeugt durch einen Minikompressor eine Lautstärke von bis zu 139 DB. Wolfgang hat selbst eine Halterung aus Kohlefaser konstruiert und lange nach einem passenden Platz am Bike gesucht. Aufwendig, aber das Ergebnis ist hat sich gelohnt.
- Klappbare Bremshebel: Sehr praktisch, da sie bei einem Sturz nicht so leicht brechen. Dasselbe gibt es leider nicht für die Kupplungshebel. Dieser ist dann beim Sturz in der Mongolei auch leider gebrochen.
- Klappbarer Fußbremshebel: Auch beim Fußbremshebel sind wir auf die klappbaren ausgewichen.
- Touratech Kofferträger: Wir haben die Kofferträger aus normalem Stahl gewählt, da diese im Notfall einfacher zu schweißen sind. Edelstahl wird in der Pampa nicht jeder Dorfschmied schweißen können.
- Gepäcktaschen von Moskomoto: Wir haben uns gegen Alukoffer und für Softgepäck entschieden. Unterwegs nutzen wir Moskomoto Backcountry 35. Der Hauptgrund war Sicherheit im Falle eines Sturzes. Sämtliche Gründe würden vermutlich einen eigenen Artikel füllen. Vielleicht kommt der demnächst noch.
- Molle-Erweiterungstaschen von Moskomoto: Um die Backcountry 35 noch zu vergrößern, haben wir auch die Seitentaschen dazu gekauft. Sie fassen je vier Liter und sind leicht mit dem Mollesystem zu befestigen. Im unteren Bereich haben die Taschen einen Auslass, so dass sie perfekt dazu geeignet sind, Wasserbeutel aufzunehmen. Oder wie in unserem Fall: einen Weinschlauch.
- Steelcore Sicherungen von Moskomoto: Da die Moskomototaschen nicht abschließbar sind, haben wir direkt beim Kauf Steelcore-Gurte mitbestellt. Dies sind gewebe-ummantelte Stahldrähte, die um die Taschen herumgelegt werden und abschließbar sind. Damit haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht und würden genau dasselbe wieder kaufen.
- Tankrucksäcke: Daniela hatte ursprünglich einen von Touratech, ist dann aber auf einen kleineren (wasserdichten) von Enduristan umgestiegen. Wolfgang hatte schon immer einen von SW Motech.
- Navigationsgerät Garmin Zumo 396: Eher aus Gewohnheit waren wir mit einem Garmin-Navi unterwegs. Wir planen aber unsere Strecken selten detailliert und die fehlende Integration mit dem Smartphone hat uns nicht gut gefallen. Aus diesem Grund haben wir sie auf der Hälte unserer Strecke gegen Smartphones mit Halterungen von Quad Lock eingetauscht. Zunächst mit der App Maps.me, später dann mit Calimoto. Wir sind jetzt sehr zufrieden und sehen kaum noch einen Grund, mit einem dezidierten Navigationsgerät unterwegs zu sein. Allein Wasserdichtigkeit (also ein eingestecktes Ladekabel bei Regen) wäre ein Grund. Diese Diskussion würde allerdings ebenfalls eine kompletten Artikel erfordern.
- Steinschlagschutz für den Wasserkühler: Da auf Schotterpisten ein hochgeschleuderter Stein sehr schnell den Wasserkühler beschädigen können, haben wir aus Maschendraht einen Steinschlagschutz gebastelt. Preiswert und funktioniert.
- Neopren Gabelschutz: Um die Gabel vor Steinschlägen und die Simmerringe vor dem ganzen Dreck zu schützen, haben wir die Gleitrohre mit einem Neoprenschlauch umgeben.
- Reifen: Wir sind mit Mitas E07 und mit Heidenau K60 unterwegs gewesen und waren mit beiden sehr zufrieden. Die Laufleistung der Mitas sind deutlich längerer, aber im Regen sind sie etwas rutschiger. Der Mitas hatte nach 16.000 Kilometern noch mehr Restprofil als der Heidenau nach 12.000 Kilometern.
Bildergalerie
Die 35 Listenpunkte sind zwar oben kurz ausgeführt, aber manchmal sagt ja ein Bild mehr als tausend Worte. Aus diesem Grund haben wir Euch eine Bildergalerie zusammengestellt, in der Ihr ein paar der Umbauten noch mal anschauen könnt. Viel Spaß beim Stöbern!
Hier gehts zur Bildergalerie Weltreise-Umbauten.
Wie zufrieden sind wir mit den BMWs?
Wir waren und sind mit den BMW G650 GS Sertaos sehr zufrieden!! In 2019 haben sie die gut 25.000 Kilometer bis in die Mongolei absolut problemlos überstanden. Und es waren ein paar anspruchsvolle Routen dabei: Riesige Schlaglöcher in Usbekistan, loser Schotter in Tadschikistan, Waschbrettpiste in Kirgistan, tiefer Sand in der Mongolei.
Wir haben zwischendurch einfach nur Ölwechsel gemacht und die Luftfilter regelmäßig gereinigt. Und wir hatten keinerlei Probleme gehabt. Ok, bei Wolfgangs BMW ist auf der Waschbrettpiste im Pamir der Schnabel abvibriert. Aber ohne fährt sie genauso gut und sieht ein bisschen nach Ténéré aus. Die einzig bekannte Schwachstelle sind die Wasserpumpen. Wir hatten 2 davon als Ersatzteile auf der Reise dabei, haben sie aber nicht gebraucht. Trotzdem werden wir sie vor der Reise nach Südamerika prophylaktisch austauschen.
Beim Zwischenstop in Erding haben die Maschinen ihre 40.000km Inspektion in der Werkstatt erhalten. Und sie waren beim TÜV. Für den TÜV-Termin hat Wolfgang einige Anbauten wieder abgenommen, da sie nicht StVO-konform waren. Kurz vor Südamerika werden wir sie anbauen. Radlager haben wir auch getauscht, aber die waren noch absolut in Ordnung. Wäre also nicht unbedingt nötig gewesen, aber da wir ja wieder in Richtung schlechte Pisten unterwegs sein werden, macht der prophylaktische Austausch auch hier Sinn. Alles absolut problemlos.
Unsere Entscheidung für die BMW G650 GS Sertao als Weltreisemotorrad hat sich also auch aus der Perspektive danach als absolut richtig herausgestellt.