Sicherheit auf Weltreise – eine Anleitung

Wir sind mittlerweile seit fast zwei Jahren mit unseren Motorrädern auf Weltreise und das Thema Sicherheit ist nicht zu unterschätzen. Trotzdem sind überzeugt: Die Welt ist schön und friedlich. Eigentlich. In 99% aller Situationen. Auch wenn es in den deutschen Medien nicht so scheint; eine friedliche Welt ist halt keine Schlagzeile wert. Aber auch in einer friedlichen Welt kann es dir passieren, dass dir jemand etwas Böses will. Daher solltest du dich vor deiner Reise vorbereiten. Die meisten Täter sind Gelegenheitstäter. Mach es ihnen schwer! Das geht schon mit ein wenig Aufmerksamkeit und einfachen Mitteln.

Grundsätzlich gilt: je ungewohnter die Situation, desto vorsichtiger solltest du dich verhalten. Auch wenn es simpel klingt: Neben guter Vorbereitung ist der gesunde Menschenverstand dein wichtigstes Hilfsmittel, wenn es um Sicherheit beim Weltreisen geht. Und wenn ihr zu zweit seid, gilt: Wenn sich einer von beiden unwohl fühlt: lasst es sein!

1. Informiere dich über dein Ziel

a) App vom Auswärtigen Amt (Sicher Reisen)

Die App vom Auswärtigen Amt (namens Sicher Reisen) ist immer ein guter Ausgangspunkt zum Thema Sicherheit. Hier findest du für alle Länder nicht nur aktuelle Infos zu Einreise und Zoll, sondern auch Hinweise zu potentiell gefährlichen Landesteilen oder Kriminalität im Allgemeinen. Zudem hat die App auf der Startseite einen großen roten Button mit dem Titel „Notfall-Informationen“. Hier findest du Infos, die bei konkreten Notlagen helfen. Und unter den einzelnen Länderinfos sind die Daten der jeweiligen Auslandsvertretungen inkl. Adresse und Telefonnummern prominent hinterlegt. Uns hat es in Diskussionen mit Polizeibeamten schon geholfen, mit einem Anruf bei der Botschaft zu drohen. Es ist sinnvoll, die Nummer parat zu haben.

b) Reiseberichte, Zeitungsartikel, Bücher

Über die Infos aus der App hinaus finde alle Infos, die du kriegen kannst: lies Bücher, Reiseführer, Blogs, frage in den sozialen Medien nach Erfahrungen, rede mit Reisenden. Forsche nicht nur nach Sehenswürdigkeiten und Fotospots, sondern stelle auch die Frage nach der Sicherheit. Je mehr du weißt, desto einfacher kannst du Situationen vor Ort einschätzen.

c) Statistiken und Indizes

Es gibt verschiedene Listen, Karten bzw. Indizes, in denen verschiedene Organisationen ihre Einschätzung über die Sicherheit eines Land abgeben.

UN-Index der menschlichen Entwicklung

Der Index der menschlichen Entwicklung der Vereinten Nationen ist ein Wohlstandsindikator für Staaten. Er ist aus wissenschaftlicher Sicht umstritten, trotzdem haben wir ihn während unserer Reise sehr gerne genutzt, weil er uns eine erste Einschätzung eines Landes ermöglicht hat. Es werden verschiedene Faktoren berücksichtigt wie Einkommensverteilung, Lebenserwartung und Alphabetisierungsrate.

Gefahrenkarte (Travelriskmap) von International SOS

Die Gefahrenkarte von International SOS gibt ebenfalls Aufschluss über viele Länder. Es handelt es sich bei der Firma um ein privates Gesundheits- und Sicherheitsdienstleistungsunternehmen, das fast zwei Drittel der Fortune Global 500-Unternehmen als Kunden zählt und nach eigenen Angaben jedes Jahr rund 5 Millionen Hilfeanrufe entgegennimmt. Unter anderem hieraus erstellen sie eine weltweite Gefahrenkarte, die du im Internet abrufen kannst. Der eigentliche Fokus dieser Karten liegt auf der Einschätzung von Gefahren, die Firmenmitarbeitern im Ausland drohen. Da sie aber Kriterien wie politische Lage, soziale Lage sowie Kriminalitätsstatistik auswerten (siehe Risk-Rating-Definition), hilft die Einschätzung allen Reisenden.

Auch auf die aktuelle Pandemie hat International SOS reagiert und eine weitere Karte ins Internet gestellt, in der Reiserisiken in Bezug auf Corona dargestellt sind: International SOS Risk Map inklusive COVID-19 Impact Map

Kriminalitätsstatistik der United Nations

Die Kriminalitätsstatistik der UN ist sehr hilfreich, wenn man sich informieren möchte. Man muss die Infos allerdings einordnen können. Ich lese in Blogs immer wieder, dass Länder als gefährlich eingestuft werden, weil die offizielle Mordrate hoch ist. Dies finde ich schwierig. Wenn man sich beispielsweise Kolumbien ansieht, dann ist zwar die Mordrate hoch, allerdings konzentrieren sich viele Taten auf bestimmte Regionen bzw. bestimmte Gruppen rund um die Rauschgiftkartelle. Als Reisende ist für mich wichtig, zu wissen, welche Gegenden ich meiden sollte, dann allerdings betrifft mich die hohe Mordrate wahrscheinlich nur wenig.

Spannend ist die Seite des United Nations Office on drugs and crime trotzdem, weil du nach verschiedenen Kriterien suchen kannst: Tötungsdelikte nach Geschlecht, Eigentumsdelikte, Waffenstatistik…

Liste UNODC
Suchkriterien United Nations Office on Drugs and Crime

Korruptionsindex von Transparency International

Dieser Korruptionsindex hilft dir einzuschätzen, wie es um die Bestechlichkeit in verschiedenen Ländern steht. Ich war beispielsweise in Georgien sehr überrascht, dass ich für ein einfaches Bußgeld über umgerechnet 8 Euro zur Bank geschickt wurde, statt es beim Polizisten bar zu bezahlen. Bei näherer Betrachtung war das natürlich eine sinnvolle Regelung, um Korruption im Land zu reduzieren. Ähnliches hätten wir uns in Aserbaidschan gewünscht, als wir von einem Polizisten ungerechtfertigterweise zur Zahlung von mehreren hundert Dollar aufgefordert wurden. Zum Glück sind wir aber auch aus dieser Situation unbeschadet herausgekommen. Falls du neugierig bist, findest du die Geschichte hier: Korruption in Aserbaidschan.

Index Korruption
Korruptionsindex von transparency international

Nachdem du dich über sein Reiseziel gut informiert hast, gibt es trotzdem viele Dinge, die deinen Alltag sicherer machen.

2. Geld & Sicherheit

Für Kriminelle ist Geld die beste Beute, daher solltest du darauf besonders acht geben.

a) Bargeld

Grundsätzlich: Was du nicht dabei hast, kann dir auf der Straße auch nicht entwendet werden.

Verwahre nicht alles an einer Stelle. Nutze mehr als eine Geldbörse und verteile deine Kreditkarten. Am besten ist es, zusätzlich eine alte Börse mit einer abgelaufenen Kreditkarte und etwas Bargeld griffbereit zu haben, falls dir jemand unter Gewaltandrohung dein Geld abnehmen will.

b) Kreditkarten

Grundsätzlich: Es ist immer sinnvoll, mehr als eine Kreditkarte dabeizuhaben, natürlich an unterschiedlichen Körperstellen getragen.

Mittlerweile gibt es mit dem britischen Fintech curve eine tolle Möglichkeit, deine Kreditkartendaten beim Bezahlen zu verschleiern. Curve gibt nur eine virtuelle Nummer heraus, deine hinterlegten Daten bleiben unsichtbar. Du kannst per Klick in der App hinterlegen, über welche deiner Karten abgerechnet werden soll. Und auch das Sperren der Karte bei Verlust geht per Klick viel schneller als das Anrufen bei irgendwelchen Kreditkartensperrnummern.

So praktisch es auch ist, im Ausland am Automaten direkt die Landeswährung zu erhalten: Augen auf beim Bargeldabheben (egal ob mit Curve oder einer anderen Kreditkarte). Geldautomaten können manipuliert sein. Lieber an einem Automaten in einer Bank abheben als irgendwo in der Einkaufsmeile. Und lieber zu Banköffnungszeiten, wenn Personen um dich herum sind als in der Nacht alleine.

Es ist sinnvoll, den Verfügungsrahmen deiner Konten klein zu halten, also den Betrag, der auf einmal oder pro Zeiteinheit (Tag/Woche/Monat) abgehoben werden kann. Falls deine Karte unrechtmäßig verwendet wird, wird wenigstens nicht das komplette Konto geräumt. Bei vielen Banken kann das bedarfsgerecht online geändert werden.

3. Gepäck & Sicherheit

Grundsätzlich: Die meisten Täter sind Gelegenheitstäter. Hinterlasse ihnen keine Einladung, etwas zu stehlen. Lass alles, was du nicht wirklich brauchst, vor der Reise einfach zu Hause.

a) Zu Fuß

Trag deine Wertsachen am Körper und möglichst wenig sichtbar. Nutze Hosentaschen mit Reißverschluss. Zeige deine Wertgegenstände möglichst nicht zu deutlich. Vermeide dunkle, schwer einsehbare Orte und verlassene Gassen. Und trau deinem Gefühl: wenn sich etwas seltsam oder unangenehm anfühlt: raus aus der Situation.

b) Im Auto

Dein Gepäck sollte so wenig wie möglich von außen zu sehen sein. Also keine Geldbörse auf dem Beifahrersitz, Taschen gehören in den Kofferraum und nicht auf den Rücksitz. Idealerweise hat Dein Auto eine Alarmanlage.

c) Mit dem Motorrad

Wir kennen genügend Menschen, die nie etwas anschließen, und denen auch nie etwas geklaut wurde. Ein bisschen Glück braucht man. Wir sind da eher vorsichtig.

Wir sichern unsere Gepäcktaschen mit Steelcore, das sind abschließbare Gurte mit Stahlkern, die nicht so leicht durchtrennt werden können. Die meisten Gepäcksysteme sind ohnehin abschließbar. Einen Tankrucksack nutzen wir nicht mehr, weil wir keine Lust haben, ihn immer mitzuschleppen, wenn wir das Motorrad unbeaufsichtigt lassen. Helme können wir mit einem Kombischloss mit Drahtbügel und Zahlenschloss am Motorrad abschließen; wenn wir uns dabei unwohl fühlen, nehmen wir sie einfach mit.

Auch für geparkte Motorräder gibt es Sicherheits-Hightech: Lenkradschloss einrasten lassen ist ohnehin Pflicht. Viele Motorräder haben eine elektronische Wegfahrsperre. Wir haben mittlerweile auch ein Bremsscheibenschloss von abus, welches eine Alarmanlage beinhaltet, die beim Berühren einen höllischen Lärm macht. Das hilft auch, wenn spielende Kinder das Motorrad als Kletterbaum nutzen wollen. Hätte ich das 2019 in Kirgistan schon gehabt, hätte ich nicht mit verbogenem Lenker weiterfahren müssen.

d) In Taxis / öffentlichen Verkehrsmitteln

Gepäck möglichst nicht in den Gepäckbereich unten im Bus lagern, sondern in Sichtweite. Der Tagesrucksack gehört auf den Schoss, nicht in den Kofferraum. Bei längeren Reisen und wenn du dein Gepäck nicht immer im Auge haben kannst, solltest du es anschließen, hierfür eignen sich Produkte der Firma pacsafe gut.

e) Im Hostel / auf dem Campingplatz

Schließ Dein Gepäck ein, wenn möglich. Und lass Unabgeschlossenes nicht unbeaufsichtigt.

Natürlich ist es verführerisch, das Smartphone während des Duschens im Gemeinschaftsraum aufzuladen, aber vielleicht ist es danach auch weg. Wenn du um unbeaufsichtigtes Laden nicht darum herumkommst, lade lieber nur die Powerbank auf, diese kannst du im Verlustfall leichter ersetzen.

4. Straßenverkehr & Sicherheit

Grundsätzlich: Plane Puffer ein. Stress und Übermüdung führen zu Fehlern und Nachlässigkeit und erhöhen die Unfallgefahr. Dass Alkohol am Steuer absolut tabu ist, muss ich nicht extra betonen.

In vielen Ländern gilt das Recht des Stärkeren: Fußgänger werden übersehen, Motorradfahrer nicht ernst genommen und selbst Autos verlieren gegenüber LKW und Bus. Hier gilt besondere Vorsicht und lieber einmal zu viel bremsen als einmal zu wenig.

Und so heftig es klingt: gerade im asiatischen Bereich übernimmst du automatisch die Verantwortung für einen Unfall, wenn du stoppst. Was im Westen selbstverständlich ist, nämlich zu halten und zu helfen, kann in Asien, gerade in ärmeren Gegenenden schnell gefährlich oder sehr teuer werden. Informiere dich im Vorfeld.

a) Linksverkehr

Für Europäer ist es vielleicht überraschend, aber es gibt doch eine größere Anzahl an Ländern mit Linksverkehr: Großbritannien, Zypern, Australien und Neuseeland, um nur einige zu nennen. Hier sollte man besonders konzentriert am Straßenverkehr teilnehmen. An Linksverkehr gewöhnt man sich meist überraschend schnell, v.a., wenn der Verkehr dicht ist, fährt man einfach den anderen hinterher. Schwieriger wird es, wenn kaum andere Fahrzeuge unterwegs sind.

Kreativtipp: Mit Klebeband einen Pfeil nach links in eine Ecke der Windschutzscheibe basteln.

b) Schlechter Straßenzustand

Bei Dunkelheit zu fahren birgt Risiken. Gerade in wirtschaftlich schwächeren Ländern werden Schlaglöcher oder Baustellen oft kaum abgesichert. Falls möglich, vermeide Nachtfahrten. Lässt es sich nicht vermeiden, fahre langsam und vorausschauend. Weiß angemalte Steine oder andere Gegenstände auf der Straße bedeuten oft eine Gefahrenstelle.

5. Internet & Sicherheit

Wie schwierig wäre das Reisen ohne google und Co? Eben mal die neuesten Nachrichten ansehen. Hotel buchen. Restaurantbewertungen checken. Oder herausfinden, ob es von A nach B noch andere Wege gibt als die Schnellstraße. Alles leicht und schnell erledigt. Doch es gibt auch diue andere Seite der Medaille: in den Tiefen des world wide web tummeln sich auch finstere Gestalten.

a) VPN auf dem Smartphone

Mal eben Bankgeschäfte im Hotel-WLAN erledigen? Sehr verführerisch und meist auch problemlos. Aber wie ist es mit dem kleinen Café um die Ecke? Oder dem praktischerweise offenen WLAN in der Innenstadt. Vorsichtige Menschen erledigen alles, bei dem persönliche Daten übermittelt werden, innerhalb eines VPNs. Ein VPN ist ein virtuell private network, eine verschlüsselte Verbindung zu einem vertrauenswürdigen Server. Im VPN muss man nicht befürchten, dass vertrauliche Daten mitgelesen werden. Es gibt einfache kostenfreie VPN-Apps, die etwas komfortableren kosten Geld, sind aber nicht viel. Wir nutzen windscribe, das ist in der Basisversion kostenfrei.

6. Polizei & Sicherheit

Es gibt einige Länder, die ärmer sind als Deutschland, und in denen die Polizei korrupt ist. Einmal Touristen angehalten und zur Zahlung bewegt, bringt ihnen oft mehr als ihr Monatsgehalt, da kommen vermutlich auch aufrechte Menschen in Versuchung.

Hier gilt: Gib ihnen keinen Anlass, dich anzuhalten. Halte dich an Geschwindigkeitsbegrenzungen und Stoppschilder, blinke beim Abbiegen.

Wenn Sie dich anhalten und du dir keiner Schuld bewusst bist: bleibe höflich, aber standhaft, solange es gefahrlos möglich ist. Wer bereitwillig zahlt, um aus der Situation herauszukommen, zeigt nur, dass ihre Strategie erfolgreich ist. Drohe mit einem Anruf bei der Botschaft. Falls nichts hilft: Versuche, per Kreditkarte zu zahlen oder zumindest eine Quittung zu bekommen.

7. Kontakt mit anderen Menschen & Sicherheit

Einer der schönsten Gründe zum Reisen ist das Kennenlernen von Land und Leuten. Leider ist das mit den Leuten nicht immer einfach. In den meisten Reiseländern sind wir die „reichen Ausländer“ und wir können nie ganz sicher sein, ob die netten Menschen uns oder unser Geld meinen. Aber sich deshalb von Anderen fernzuhalten ist auch der falsche Weg. Wir halten es eher mit vorsichtiger Annäherung.

Unsere Getränke behalten wir trotzdem stets im Auge. KO-Tropfen sind gerade auch in Asien leicht zu bekommen und entsprechend verbreitet. Grundsätzlich sollte man in unbekannten Gegenden nur so viel Alkohol konsumieren, dass man die Gesamtsituation problemlos einschätzen und sich im Zweifelsfall zurückziehen kann.

8. Lass dich bitte trotzdem nicht vom Reisen abhalten!

Auch wenn diese Tipps eher die Angst als Lust auf Neuentdeckungen fördern: Die Welt ist schön und friedlich. Die meisten Menschen sind freundlich und haben ähnliche Interessen wie wir: sie wollen nur das Beste für ihre Familie und Freunde und sind neugierig auf Andere. Das zu erleben ist eine wunderbare Erfahrung.

Natürlich macht es Sinn, das Thema Sicherheit immer im Hinterkopf zu behalten. Aber oft passieren die schlimmen Sachen auf Reisen auch nur im Kopf, das ging uns in Tadschikistan so (hier unser Blogartikel: Kopfkino- unsere erste Nacht in Tadschikistan). Lass Dich davon nicht verrückt machen.

Genieße Deine Reise!

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