Marokko 2017

Die Sonne ruft.

In München ist es kalt und regnerisch – wir wollen Sonne, Wärme und Kurven, also muss es ein ganzes Stück nach Süden gehen. Nach einigem Hin und Her fällt die Wahl auf Marokko.

Wir wollen mit den eigenen Maschinen unterwegs sein – und da uns die lange Anreise schreckt, lassen wir anreisen. Konkret heißt das, wir beauftragen eine kleine Spedition, unsere Maschinen nach Malaga zu fahren und wir fliegen ein paar Tage später bequem hinterher. Wir haben richtig Lust aufs Motorradfahren – was wir nach mehrtägiger Anreise auf der Straße nach Südspanien vermutlich nicht mehr gehabt hätten.

Die 140 Kilometer von Malaga nach Algeciras sind schnell abgespult, auch die Einreiseformalitäten in Tanger Med sind fix erledigt und wir sind auf der Straße nach Chefchaouen.

Der Norden Marokkos

Der Norden von Marokko ist mediterran geprägt – wir entdecken zunächst nicht viele Unterschiede zu Spanien oder Südfrankreich. Das ändert sich aber schnell, wenn wir uns Menschen und Häuser genauer anschauen: viele Esel, Störche, aber auch viele Menschen, die hart körperlich arbeiten müssen; viel Armut ist zu sehen.

Chefchaouen ist ein sehr hübsches Städtchen. Häuser und Mauern sind dekorativ blau bemalt, wir genießen die Wärme und das marokkanische Essen. Zunächst sind die tajine-Gerichte (auch die vegetarischen) lecker und neu – später sollten wir feststellen, dass es immer dasselbe ist und nach drei Wochen sind wir fast aus dem Häuschen wegen der leckeren Tapas zurück in Spanien.

Wir sind zu viert unterwegs und versuchen, ein halbwegs ausgewogenes Verhältnis von Vorwärtskommen und Genießen zu finden. Konkret sieht das so aus, dass wir meist die Hotels für 2 Nächte buchen, den ersten Tag zur Anreise mit Gepäck nutzen und den 2. Tag zu einer Runde durch die Umgebung, da darf es wegen des fehlenden Gepäcks auch mal eine schlechtere Piste sein. Abends überlegen wir uns die nächsten Schritte und buchen das jeweils nächste Hotel (Internet sei dank, das zwar nicht immer, aber doch meist verfügbar ist).

Nach Chefchaouen geht es  direkt nach Süden, nach Fez. Hier verbringen wir einen motorradfreien Tag und lassen uns von einem Führer die Medina zeigen. Unser Hotel (das teuerste der Reise) ist in einem Riad am Rand der Altstadt untergebracht und hat eine Dachterrasse mit atemberaubendem Blick über die Stadt. Auch das Essen ist klasse, die Vorspeisen raffiniert (zum Beispiel geröstete Auberginen mit Mandelschokolade). Wir genießen den Tag in leichter Kleidung – anders als die Tage auf der Piste in kompletter Schutzausrüstung.

Stark beeindruckt haben uns die Farben des Orients: ganze Säcke voll mit Färbemittel werden angepriesen, Gewürze, Obst und Gemüse, allerdings auch allerlei Touristenkram. Glücklicherweise können wir auf dem Motorrad nicht viel transportieren, so bleiben wir bei den meisten Verführungen standhaft. Wir besuchen auch das Gerberviertel und müssen zusehen, wie die Arbeiter tief in den giftigen Flüssigkeiten zum Gerben und Färben stehen. So früh im Jahr stinkt es noch nicht so heftig wie angekündigt, doch es ist schon klar, warum es schon in der Bibel ein legitimer Scheidungsgrund für die Frau ist, wenn der Mann Gerber oder Färber ist.

Sanddünen und Kamele

Weiter geht es über Midelt nach Merzouga. Wie die meisten anderen wollen wir die Sanddünen sehen – die sich majestätisch zwischen Merzouga und der südöstlichen Landesgrenze erstrecken. Touristisch perfekt erschlossen sind die Kasbahs, die Lehmburgen – innen kühl, sehr orientalisch, super Essen.

Ich will Flamingos sehen. Der Reiseführer sagt, der Flamingosee ist nicht weit entfernt, die Tiere sind aber nur da, wenn der See Wasser hat. Wir fahren trotz Temperaturen deutlich über 30° los und suchen, finden aber keinen See. Leicht enttäuscht posen wir mit den Maschinen, machen viele Fotos.

Irgendwann haben wir Glück und sehen eine Kamelherde, die gerade in Richtung Kasbahs getrieben wird.

Treiber ist ein Radfahrer, der die Tiere glücklicherweise tun lässt, was sie wollen. Und so kommen die neugierigen Tiere zu uns, schauen, was die komischen Leute da machen: in unserem Fall auf dem staubigen Boden liegen und fotografieren und wir sind völlig begeistert, als die Kamele direkt an den Bikes vorbeiziehen.

Die zweite Nacht in Merzouga verbringen wir nicht in der Kasbah, sondern in einem Zelt in den Dünen. Wir haben eine Kameltour gebucht und sind fasziniert von den Sandhügeln und dem Sternenhimmel. Die amerikanische Teenietruppe ein Dünental weiter trübt den Eindruck allerdings etwas.

Pflichtprogramm für Biker – Dades & Todra

Weiter geht es Richung Westen, nach Ouzazarte bzw. Zagora. Vorher aber wollen wir noch Dades- und Todraschlucht fahren. Beide Schluchten werden von vielen Bikern und Touristenbussen angefahren, da wir aber die Dadesschlucht bis zum Ende fahren und dann über die Todraschlucht wieder auf die große Straße zurückkommen, fahren wir doch weite Strecken, ohne andere Menschen zu sehen. Ausnahme natürlich die Arbeiter am Straßenrand, die Esel und die Frauen, die Holz und andere Lasten auf ihren Rücken über weite Strecken schleppen.

Ouazazarte ist unspektakulär, uns zieht es weiter gen Süden nach Zagora, auch wegen des bekannten Karawanenwegweisers: 52 Tage bis Timbuktu.

Unser Urlaubs-Alltag

Wir haben einen ziemlich geregelten Tagesablauf: es geht es nicht allzu früh los, meist sind wir gegen 10 Uhr auf der Straße. Mittags suchen wir uns eine Lokalität am Rande der Straße zum Essen, manchmal Kleinigkeiten, manchmal ein komplettes Essen. Hier sehen wir zu, dass wir in den Orten mittendrin anhalten, um etwas vom Leben dort mitzubekommen. Manchmal haben wir Glück und es ist Markttag. Wir sehen die Verkaufsstände bzw. die Läden am Straßenrand – viele lebendige und tote Tiere, viel Gemüse und Obst – es gibt immer etwas zu schauen. Auf der anderen Seite sind wir natürlich die Attraktion in den Caféhäusern: alle schauen, kommen nah, wollen Fotos mit uns. Die Menschen sind aber immer zuvorkommend, neugierig und hilfsbereit.

Das Schöne am Motorradreisen: über die Maschine fällt der Kontakt zu anderen leicht. Wir werden oft nach Fotos mit und ohne Motorräder, Selfies … gefragt – gefällt uns und den anderen.

Natürlich zahlen wir in Restaurants und Läden andere Preise als die Einheimischen – das Konzept, dass jeder zahlt, was er kann, ist zwar ungewohnt für uns Westeuropäer, macht aber durchaus Sinn. Allerdings erleben wir auch Abzocke, und die Bettelei v.a. der Kinder geht uns gehörig auf die Nerven.

Auf der Suche nach der Unterkunft

Eine Unterkunft ist besonders erwähnenswert. Obgleich bei booking.com gelistet (Stand 2021: leider nicht mehr zu finden), finden wir sie nicht. Nicht einmal der Ort ist im Navi  verzeichnet und wir stehen auf der Landstraße und wissen nicht weiter. Mofafahrer halten, kennen den Namen der Herberge aber auch nicht. Fußgänger werden angehalten, wieder nichts. Am Ende stoppt einer der Fußgänger ein Auto, einer der Insassen behauptet, die Unterkunft zu kennen und schwingt sich hinter uns auf das Motorrad, um uns hinzubringen.

Abseits der Straße findet sich tatsächlich ein Dorf, wir durchqueren es und fahren am Ende wieder raus – wir trauen unserem Führer nicht so recht, als er irgendwann stoppen lässt und uns ein Haus auf einer Anhöhe zeigt: wir vermuten schon, dass er uns für obdachlos hält und jetzt bei seiner eigenen Familie unterbringen will – ein Hotelschild o.ä. ist nicht zu sehen.

Aber da kommt schon eine junge Frau die 125 Betonstufen nach unten uns begrüßt uns: wir sind tatsächlich richtig. Die Auberge Tin Hinane ist ihr Projekt: nach traditioneller Bauweise gebaut, mit alten Materialien, kein Strom (außer dem Notstromgenerator), kein WLAN, Platz für 9 Übernachtungsgäste. In dieser Nach sind wir vier die einzigen.

Der Ausblick ist atemberaubend. Entschleunigung pur (nicht unwesentlich natürlich durch das fehlende WLAN). Auch die von der Mutter für uns zubereitete Tajine ist superlecker. Wir sehen endlich mal, wie wohlschmeckend Tajine sein kann, wenn jemand Zeit und Mühe hineinsteckt.

So langsam neigen sich unsere drei Wochen Urlaub dem Ende zu.

Wir haben fast 4000 Kilometer abgespult und haben viel gesehen.

Marokko ist ein schönes Land, aber auch arm.

Wir werden bestimmt wiederkommen.

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