Wow. Alles ist so riesig hier. Wir kommen aus dem Staunen nicht heraus. Egal wohin unser Blick geht: Hochhäuser. Selbst die kleinen sind mindestens zehn Stockwerke hoch, die anderen eher vierzig und mehr. Klar, irgendwo müssen ja zehn Millionen Einwohner untergebracht werden, aber nachdem wir gerade durch die Mongolei, Kirgistan und Tadschikistan fuhren, sind wir bereits von der schieren Größe Seouls erschlagen.
Auf dem Weg in den Urlaub machen wir Halt in Südkorea. In Seoul genauer gesagt. Das bietet sich an, weil wir noch nie in Korea waren und alle Flüge von Ulan Bator auf die Philippinen ohnehin einen Umstieg in Seoul erfordern. Also haben wir den Weiterflug ein paar Tage aufgeschoben und 5 Nächte in einem Hostel in Seoul gebucht. Das Hostelzimmer (ausgeschrieben als Doppelzimmer mit Bad) war so schön günstig, dass wir auch gleich einen völlig falschen Eindruck vom Preisniveau der Stadt bekommen haben. Das wird uns beim Einchecken schmerzhaft klar, als wir das fensterlose Kellerzimmer mit dem knapp einen Quadratmeter großen Bad sehen. Dass wir in einem Etagenbett nächtigen würden, wussten wir vorher – hätte uns vielleicht stutzig machen müssen. Na ja, immerhin ist es ziemlich sauber und die Waschmaschinennutzung ist kostenlos. Also, auf ins Getümmel und die Stadt erkunden.
Schon beim Bummel durchs Viertel bemerken wir, dass Seoul der genaue Gegensatz der letzten von uns besuchten Länder ist: blitzsaubere Straßen, Coffeeshops an allen Straßenecken und dazwischen massenweise Luxusautos: MacLaren, Rolls Royce, Maserati. Bentley. Porsche sowieso. Die Massenmarke ist allerdings Hyundai. Klar eigentlich, die Autos werden ja auch in Korea gebaut. Beim Bezahlen unseres Frühstücks im Coffeeshop müssen wir allerdings schlucken: unter 20 Euro kommen wir an keinem Morgen weg. Aber Kaffee und Bagels schmecken gut und stärken uns für den Tag. Und die Bestellung bringt uns allmorgendlich zum Grinsen, wenn die Bedienung fragt: „Do you like your cappucchino hot or cold“?
Wir suchen den Kontrast zu den aufgeräumten Straßen und finden ihn auf den Märkten. Besonders die food markets haben es uns angetan, die in Seoul zahlreich vorhanden sind. Zum Teil sind sie spezialisiert (z.B. market for frozen seafood), meist aber ist das Sortiment wie die Kundschaft: bunt gemischt. Wir probieren gefüllte Teigtaschen, Kürbisporridge, getrocknete Persimons und entdecken immer wieder Neues. Leider ist der Magen immer viel zu schnell voll, die Mungbohnen-Röstis und Bibimbap müssen noch ein bisschen warten.
Neben den Märkten streifen wir einfach durch die Gassen und lassen uns treiben. Die Straßen (ja, auch mitten in dieser Zehnmillionenstadt) werden immer kleiner und die Geschäfte immer zahlreicher und winziger. Wir haben das Gefühl, Seoul bestehe aus Tausenden kleiner Läden und Handwerksbetriebe. Findet man einen Laden mit Backzubehör (bspw. für Cupcakes), befinden sich daneben bestimmt zehn bis fünfzehn Läden mit ungefähr demselben Sortiment. Dasselbe gilt für Aufklebergeschäfte und Läden für Verpackungsmaterial. Und für alle anderen. Gründen scheint leicht zu sein in Südkorea.
Kommt man von den Märkten und aus den kleinen Gassen wieder heraus in die offiziellen Malls, fällt v.a. die Vielzahl von Geschäften auf, die sich mit Schönheit beschäftigen: Makeup und Pflegeprodukte scheinen für die Menschen hier bedeutsam zu sein. Riesige Regalreihen sind fast ausschließlich mit Gesichtsmasken befüllt. Wir müssen allerdings auch zugeben, dass die Koreanerinnen sehr gepflegt sind und größtenteils makellose Haut haben. Die weiß gepuderten Gesichter finden wir aber etwas gewöhnungsbedürftig. Was uns wiederum gefällt, ist, dass selbst junge Frauen hier mit flachen Absätzen oder in Sneakers unterwegs sind. Das kennen wir ja aus der Ukraine und Russland sehr anders, dort hatten wir manches Mal Mitleid mit den Füßen, egal wie gut das Outfit ansonsten war.
Wir sind jedenfalls froh, dass wir bequeme Schuhe tragen. Eigentlich haben wir uns vorgenommen, nicht viel zu laufen, u.a. um Wolfgangs lädiertes Knie zu schonen, aber so richtig klappt das nicht. Wir haben uns zwar gut über die öffentlichen Verkehrsmittel informiert, gerade auch, um etwas vom Alltag der Stadt und der Bewohner mitzubekommen, aber nachdem wir im Zentrum in eine Großdemonstration zum Staatsgründungstag mit angeblich zwei Millionen Einwohnern geraten, gibt es keine Chance, in die U-Bahnen zu kommen oder ein Taxi zu finden. Es ist doch Laufen angesagt.
Wobei wir von den Öffis ziemlich begeistert sind. Sie sind preiswert und sehr gut ausgebaut. Wir haben uns Guthabenkarten gekauft und die Kosten pro Fahrt werden beim Betreten der Bahnsteige am Drehkreuz abgebucht. Bei Wiederauftauchen aus dem Untergrund wird die Karte erneut angelegt – und wenn die zurückgelegte Strecke mehr als 10 Kilometer beträgt, wird ein Aufpreis abgebucht. Dasselbe in den Bussen. Alles klar, überschaubar und aufgeräumt. Wobei „überschaubar“ in Seoul erstklassig gelöst wurde, und zwar sowohl von den Stadtplanern wie auch von Google. Google nennt bei der Wegbeschreibung nicht nur die U-Bahn-Linie, sondern auch noch den Eingang, den man nehmen muss. Dasselbe für den Ausstieg: es wird die Nummer genannt, an welcher man aus den Tiefen wieder herauskommt, um möglichst dicht an seinem Ziel zu sein. Bei unterirdischen Wegen von einigen Minuten nicht ganz unerheblich. Und in der Praxis durch ausgezeichnete (und zweisprachige) Schilder einfach zu finden.
Derart mobil besuchen wir verschiedene Stadtteile, Paläste und Museen – und am letzten Tag Yongma Land. Yongma Land war in den 1980er Jahren ein Vergnügungspark, der irgendwann aufgegeben wurde, als das Interesse der Besucher erlahmte. Vor einigen Jahren hat ein pfiffiger Geschäftsmann das Gelände erworben und aus dem malerischen Verfall ein Geschäft gemacht. Mit uns besuchen v.a. Fotografen das Gelände, auch viele K-Pop-Bands haben hier ihre Musikvideos gedreht. Wir sind vom Charme der vor sich hin rostenden Karussells und der herumstehenden Mangafiguren hingerissen und genießen den Nachmittag in vollen Zügen.
Aber eine Großstadt ist auch anstrengend, und so sind wir gar nicht traurig, dass unser Flug auf die Philippinen näher rückt, zumal in Seoul das Wetter gerade schlechter wird. Wir freuen uns schon aufs Schwimmengehen und Relaxen. Nach den letzten Monaten auf dem Motorrad haben wir uns das eindeutig verdient.
Hi Ihr 2!
Schön wieder von euch zu lesen – und gebt euren Körpern etwas Reparaturzeit!
Genug der Ratschläge. Seid ja selber groß.
…weiterhin viel Spass und Glück, wir hängen weiterhin an euren Buchstaben und Bildern
M&M
Danke!
Der Begriff Reparaturzeit gefällt mir. Werde ich mir merken.
Liebe Grüße nach München,
Daniela
Na ihr zwei 🙂
Es ist wunderschön Eure Seiten/Erlebnisse und Eindrücke zu lesen.
Ich träume dann ein bisschen von der Ferne.
Bei mir sind die letzten 4 Wochen angebrochen und dann beginnt wieder mal ein neuer Lebensabschnitt.
Habe seit 12 Wochen eine Begleitung in die Natur, einen Border Collie.
Die ist genauso neugierig wie ich 😉
Und einen gebrauchten SUV für unsere Ausflüge in den Wald.
In Gedanken bei Euch
Euer Freund Pit
Lieber Pit,
Freue mich sehr, mal wieder was von Dir zu lesen.
Und das mit dem Border Collie klingt wunderbar. Vielleicht kriegen wir es ja mal wieder hin mit dem Wiedersehen – würde mich (uns) sehr freuen! 🙂
Liebe Grüße
Daniela