Kilometerlange Sandstrände in der Normandie

Seit wir aus Südamerika zurück sind, fragen wir uns, wie es weitergeht.
Haben wir noch Lust aufs Reisen? Wenn nicht, worauf sonst? Wir haben auf diese Fragen keine Antwort.
Die große Motorradreise ist vorbei. Drei Jahre lang war es eine wunderbare Erfahrung, aber irgendwann reichte es.
Nur: Uns fehlt gerade die Perspektive, wie es weitergehen kann.
Wir haben ein paar Wochen Zeit in Deutschland verbracht. Haben Freunde und Familien besucht, viele Verabredungen zu Frühstück oder Kaffee genossen, außerdem wurden mir die Schrauben meines Knöchelbruchs entfernt.

Jod-roter Fuß mit Verband
Post-OP-Orange

Eine schöne Zeit, aber nun fragen wir uns, wie es mit unserem Leben weitergeht.

Alle Möglichkeiten zu haben, bedeutet leider auch die Qual der Wahl.

Also erkaufen wir uns ein bisschen Zeit: Wir legen uns ein Auto zu, packen und fahren los. Erst mal wieder nach Frankreich. Der Plan sah Dublin vor, allerdings sind die Mieten dort hoch, und das von uns favorisierte Häuschen am Stadtrand ist noch nicht frei. Wir haben einen Monat Zeit, also buchen wir ein kleines Haus in der Normandie.

Kilometerlange Sandstrände

Wir waren schon öfter in Frankreich (nachzulesen hier), auch in der Normandie. Erst im letzten Jahr haben wir einen kurzen Blick auf den Mont-Saint-Michel geworfen, bevor wir die Strände und Museen des D-Day rund um Omaha Beach besucht haben. Die Halbinsel dazwischen hatten wir ausgelassen.
Deswegen, und weil es auf dem direkten Weg zur Fähre nach Irland liegt, sind wir jetzt für einen ganzen Monat hier: auf der Halbinsel Cotentin in einem Dorf namens Surtainville. Dieser Ort wäre uns vermutlich nicht aufgefallen, hätte er nicht einen superbreiten, fast 15 Kilometer langen Sandstrand. April und Mai sind am Atlantik zwar keine Bademonate, ausgiebige Strandspaziergänge dagegen mochten wir schon immer. Auch für meinen heilenden Knöchel ist das genau die richtige Therapie.

Picknick am Strand
Picknick am Strand
Mann am Strand
Wolfgang am Strand von Surtainville

Sainte-Mère-Église

Wir erkunden die Halbinsel und landen dabei in Sainte-Mère-Église. Dort steht eine Kirche, die durch eine kuriose Begebenheit während der Invasion bekannt wurde: Der amerikanischen Fallschirmjäger John Steele blieb mit seinem Fallschirm an einem der Ecktürme des Kirchturms hängen und konnte sich nicht befreien. Da der Kirchplatz heftig umkämpft war, kam ihm zunächst auch niemand zu Hilfe. Am Ende hatte er aber Glück und überlebte. Das Ereignis wurde sogar von Hollywood verfilmt. Heute erinnert eine Puppe an der Kirchturmspitze an den unfreiwilligen Landepunkt des Fallschirmjägers.

Kirche
Sainte-Mère-Église

Leuchttürme

Die Normandie ist für ihre rauen Küsten und dadurch auch für ihre Leuchttürme bekannt. Viele berühmte Fotos zeigen diese bei Sturm oder Schnee. Uns ist das Wetter aber freundlich gesonnen: gut für Entdeckungsfahrten, leider ein bisschen langweiliger für Fotos. Aber auch bei ruhigem Wetter sind die steinernen Riesen sehenswert.
Wir besuchen den Leuchtturm von Gatteville. 75 Meter hoch ragt der Granitturm am nordöstlichen Rand von Cotentin auf und blickt über den Atlantik. Anders als andere Leuchttürme in Cotentin ist ein Aufstieg möglich. Wir bezahlen den Eintritt und es geht los. 349 Stufen bis zur Aussichtsplattform plus ein paar bis zum Leuchtfeuer. Der Ausblick entschädigt eindeutig für die Anstrengung.

Leuchtturm von Gatteville
Der Leuchtturm von Gatteville

Essen wie Gott in Frankreich

Mehrmals sind wir in Barneville-Carteret, weil dort auch der nächste Supermarkt zu finden ist. Auch hier ist der Sandstrand breit und schön. Als Einstimmung für die nächsten Wochen bestellen wir Fish & Chips in einem Strandrestaurant und sind begeistert. Tatsächlich kann ich vorwegnehmen, dass wir nie wieder so gute Fish & Chips bekommen haben wie hier in Frankreich. Überhaupt gefällt uns das französische Essen gut. Einige Dinge würden wir zwar nicht verzehren wollen (allem voran Gänsestopfleber, aber auch Austern können wir nichts abgewinnen), insgesamt aber ist die Qualität der Lebensmittel viel besser als in den meisten Ländern.
In Frankreich sieht man immer wieder Verkaufsautomaten am Straßenrand, die gekühlte Lebensmittel wie Milch oder Austern zum Verkauf anbieten. Spannenderweise finden sich in diesen Automaten auch praktische Dinge wie Austernmesser; halt alles, was man spontan brauchen kann, wenn die Läden geschlossen sind. Auch neben der Kirche in Sainte-Mère-Église findet sich ein solcher Automat. Wir inspizieren ihn mit einem Grinsen im Gesicht und freuen uns über diese Kuriosität.

Austernmesser
Austern-Kit im Verkaufsautomaten in Frankreich

Barneville-Carteret ist auch für seine historischen Badehäuschen bekannt. Vor über hundert Jahren konnten sich die betuchten Strandbesucher dort zum Schwimmen umziehen. Heute sind diese Hingucker in Privatbesitz und vor allem wegen ihrer bunten Türen bekannt.

Badehäuser in Barneville-Carteret
Badehäuser in Barneville-Carteret

Tagestour auf die Kanalinsel Guernsey

Bei gutem Wetter können wir von „unserem“ Strand aus die Kanalinseln sehen. Wir stellen fest, dass wir beide wenig über sie wissen, wir haben nur vage etwas von „Steueroase“ und „schöne Natur“ im Kopf. Was liegt also näher, als diese Wissenslücke zu füllen? Wir entscheiden uns für Guernsey. Ich recherchiere Fähren, Touren und Übernachtungen, bin aber am Ende ziemlich frustriert. Touren werden zu dieser Jahreszeit nicht angeboten, Übernachtungen liegen außerhalb unseres Budgets. Dafür sollen die öffentlichen Verkehrsmittel gut sein. Und so finden wir uns eines frühen Morgens am Fähranleger Port de Dielette ein und besteigen die Fähre, welches uns in knapp eineinhalb Stunden nach Guernsey schippert.

Hafen von Guernsey
Der Hafen von Guernsey

Die Kanalinseln sind direkt der britischen Krone unterstellt, man fährt wie in Großbritannien auf der linken Straßenseite und zahlt in Pfund. Allerdings nicht in britischen, sondern in Guernsey-Pfund. Wir ersparen uns den Geldwechsel und spekulieren darauf, dass wir alles mit Karte zahlen können. Und es klappt: egal ob Frühstück, Busticket oder Museumseintritt.
Wir kaufen zwei „around the island“-Bustickets, mit denen wir einmal rund um die Insel fahren und beliebig oft aus- und wieder einsteigen können. Wobei „beliebig“ relativ ist, denn der Bus fährt stündlich und wir müssen abends unsere Fähre wieder kriegen. Guernsey ist auch fast 80 Quadratkilometer groß. Wir kriegen dennoch einiges zu sehen.
Wer nicht aus Finanzgründen auf die Insel kommt, sieht vor allem Natur. Guernsey ist schön, grün, sonnig und voller Weltkriegsbunker. Wann immer wir aussteigen, sehen wir Wehrtürme, Festungsanlagen und Bunker. Daneben kleine Sandstrände und sehr viele Eisbuden. Guernsey-Eis scheint ein Verkaufsschlager zu sein. Wir fragen nach der Besonderheit und werden auf die gute einheimische Milch verwiesen. Wir testen, und es stimmt, das Eis ist wirklich köstlich.

Festungsanlagen auf Guernsey
Festungsanlagen auf Guernsey

Sausmarez Manor auf Guernsey

Besonders erwähnenswert ist der Skulpturengarten des Sausmarez Manor. Für eine Führung durch das 800 Jahre alte Haus waren wir zu spät, aber der Garten ist lange geöffnet und der Eintritt kostenlos. Es gibt Skulpturen in sämtlichen Größen: ein riesiger Skorpion, winzige Elfen, ein Gorilla in Originalgröße. Dazu ein tea-room, Ententeich, sogar ein Kinderspielplatz mit einer kleinen Eisenbahn. Hier hätten wir uns ruhig länger aufhalten können. Vielleicht machen wir beim nächsten Mal die Gespenstertour mit, bei welcher der Hausherr von den hauseigenen Gespenstern erzählt.
Praktischerweise hält der Bus direkt vor der Tür.

Skulptur eines Skorpions
Skulptur eines Skorpions vor Sausmarez Manor

Le Mont-Saint-Michel bei Nacht

Die meisten von euch werden den markanten Insel-Hügel in Frankreich kennen: den Mont-Saint-Michel. Ich träume schon lange von einem Besuch. 2021 sind wir auf unserer Frankreichtour nur kurz vorbeigekommen: Mein lädierter Knöchel und die Hitze haben uns damals dazu bewogen, nur kurz einen Blick auf das imposante Bauwerk zu werfen und dann weiterzufahren. Aber da wir in diesem Jahr keine 100 Kilometer entfernt wohnen, nutze ich die Gelegenheit und buche eine Übernachtung auf der Insel.
Die Gemeinde Mont-Saint-Michel hat nur 29 Einwohner, tagsüber ist die Insel trotzdem überlaufen. Jährlich besuchen 2,3 Millionen Menschen diesen Ort. Wahnsinn.

Wir kommen an, beziehen unser Hotelzimmer und laufen erst mal ein bisschen herum. Den Großteil des Hügels nimmt die Abtei ein. Wir planen, kurz vor Schließung dort hineinzugehen, um den Menschenmassen zu entgehen und schlendern erst mal über die Stadtmauer.
Als wir ankamen, herrschte Ebbe, ein paar Stunden später wird Mont-Saint-Michel von Wasser umspült. Auf dem Steg vor der Insel drängen sich die Besucher mit ihren Kameras, Smartphones und Tablets. Aber nach und nach verschwinden die Tagesgäste und es wird ruhiger. Als wir aus der Abtei kommen, hat sich die Insel komplett verändert, nur noch wenige Besucher streifen herum, wir beeilen uns, ein Restaurant zum Abendessen zu finden, bevor alle geschlossen sind.
Später laufe ich noch durchs Stadttor, um mir den Hügel im Dämmerlicht anzuschauen. Die Kombination aus altem Stein, Flut, wilden Wolkenformationen und Dunkelheit ist überwältigend. Wer immer überlegt, Mont-Saint-Michel zu besuchen, dem lege ich eine Übernachtung ans Herz. Es lohnt sich.

Schafe vor Mont-Saint-Michel
Schafe vor Mont-Saint-Michel
Mont-Saint-Michel
Mont-Saint-Michel in der Dämmerung
Mont-Saint-Michel
Mont-Saint-Michel im Dunklen

Nach vier Wochen in Frankreich, in denen wir fast täglich am Strand waren, geht es nun weiter in die Großstadt Dublin.

Wir sind gespannt.

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