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Wir sind am Nordkap – und finden es spektakulär

Endlich erreichen wir auf unseren Motorrädern Tromsö. Es ist so kalt, dass wir mittlerweile an jeder Circle-K-Tankstelle halten und uns mit Kaffee aufwärmen. Ihr erinnert Euch? Kaffeeavtale, die Kaffeeflatrate.

Tromsö

Tromsö ist ein hübsches Städtchen. Wir laufen erst einmal ziellos durch die Stadt, wie immer, und lassen die neue Umgebung auf uns wirken. Es gibt viele alte Holzhäuser zu sehen und gleich mehrere Statuen, auf denen der Polarforscher Roald Amundsen abgebildet ist. Zur Erinnerung: das war derjenige, der 1911 als erster Mensch den Südpol erreichte. Auch finden wir eine Vielzahl an Souvenirläden, in denen Eisbären, Rentiere und Elche ihr Dasein als Kühlschrankmagneten, Käsehobel und Flaschenöffner fristen. Die Fußgängerzone ist weitläufig, in der Mitte findet sich der Hafen mit seinen Coffeeshops und Fischrestaurants. Besonders beeindruckend finde ich das Polaria, das örtliche Aquarium. Das Gebäude sieht von außen aus wie eine fallende Reihe von Dominosteinen. Sehr gelungen. Aber der Anblick von außen reicht mir auch, die Tiershows im Inneren tue ich mir nicht an.

Einbär vor Polariagebäude in Tromsö
Einbär vorm Polariagebäude in Tromsö

Auch die Eismeerkathedrale gefällt mir gut. Die Kirche aus dem Jahr 1965 steht auf einer kleinen Anhöhe und überblickt den Fjord und die Altstadt von Tromsö. Leider können wir nicht rein, da gerade ein Gottesdienst stattfindet, aber wir stehen einige Zeit draußen vor der Kirche und genießen die Aussicht. Es ist bewölkt und ein bisschen nieselig, so dass wir auch den Plan wieder aufgeben, mit der Seilbahn Fjellheisen auf den Storsteinen hinaufzufahren. Wir gehen stattdessen zurück in die Altstadt und laufen ein bisschen am Hafen entlang. Aus den dicken Holzbohlen unter unseren Füßen ragen schon die Astlöcher heraus, so alt und ausgetreten sind sie. Auch die renovierten alten Lagerhäuser sorgen dafür, dass wir uns fast wie Zeitreisende fühlen.

Tromsö Eismeerkathedrale und Tromsöbrücke
Tromsö Eismeerkathedrale und Tromsöbrücke

Bibliotheken als Oase der Ruhe und der perfekten Arbeitsatmosphäre

Wir übernachten im Hostel, in einem kleinen Zimmer mit Stockbetten. Da der einzige Tisch ziemlich klein und etwas wackelig ist, verziehe ich mich am nächsten Nachmittag einfach in die örtliche Bibliothek, um ein bisschen zu schreiben. Das habe ich auf unserer Reise schon oft gemacht, wenn ich Ruhe und Abgeschiedenheit brauchte, oder auch nur einen bequemen Tisch mit Stuhl. Bibliotheken bieten WLAN, Ruhe und eine Umgebung, in der die meisten anderen auch konzentriert arbeiten. Sehr angenehm. Als Bonus waren die meisten Bibliotheken auch noch wirklich sehenswert.

Norwegen Bibliothek Tromsö
Bibliothek Tromsö

Endspurt zum Nordkap

Es geht weiter. Kilometer um Kilometer Richtung Norden. Die Vegetation wird krüppeliger, die Felsen zahlreicher. Wir fahren an weiten Landschaften vorbei, ohne jegliche Bäume oder Sträucher. Hier und da sehen wir Gletscher auf der anderen Seite des Fjords, die hellblau vor sich hin leuchten. Selbst im Nieselregen ist das schön. Die Warnschilder an der Straße, die vor Elchen, Rentieren oder Hirschen warnen, werden zahlreicher. Haben wir bislang immer nur ein Schild gesehen, sind hier oft mehrere übereinander montiert. Und wir sehen tatsächlich Rentiere.

Straßenschilder Elch und Rentier gemeinsam
Doppelte Wild-Warnung: Elche und Rentiere

Von den ersten sind wir noch sehr begeistert und bleiben stehen, um sie aus weiter Entfernung zu fotografieren. Aber je mehr wir sehen, desto alltäglicher werden sie. Sie laufen auf den Weiden, am Straßenrand und auf der Fahrbahn herum. Wir müssen tatsächlich regelmäßig bremsen, um Zusammenstöße zu vermeiden. Aber obwohl wir viele von ihnen sehen, finden wir diese grauen Riesen noch immer schön und machen uns gegenseitig drauf aufmerksam, wenn wir wieder welche entdeckt haben.

Norwegen Rentiere
Rentiere am Straßenrand

Was wir bislang auch noch nie gesehen hatten, ist eine Warnung vor Schneemobilen. Hier in Nord-Norwegen steht ja vor fast jedem Haus solch ein Fahrzeug. Vermutlich ist es bei Schnee das beste Fortbewegungsmittel, für das es sogar eigene Wege inkl. Wegweiser gibt. Und die Norweger müssen auch extra einen Führerschein machen, seit 2006 gibt es die Klasse S (für Schneemobil) nicht mehr automatisch zum anderen Führerschein dazu. Für Touristen auf geführten Touren reicht ein Auto-Führerschein ihres Heimatlandes. Wir sind leider zu früh im Jahr, um eine solche Tour mitzumachen, es liegt noch kein Schnee – zum Glück für uns Motorradfahrer.

Und das erste Mal seit Lindesnes sehen wir auch das Wort „Nordkapp“ auf einem Wegweiser.

Norwegen Straßenschild Nordkapp
Endlich ausgeschildert: das Nordkapp

Durch den Nordkapptunnelen auf die Halbinsel Magerøya

Der 6,8 km lange Nordkapptunnelen verbindet das Festland Norwegens mit der Halbinsel Magerøya. Von dort aus sind es nur noch 50 Kilometer bis zur Weltkugel am Nordkap. Wir kommen dem Ziel immer näher.

Allerdings fahren wir nicht direkt hin, sondern steuern erst mal den Campingplatz in dem kleinen Örtchen Skarsvag an. Es ist kalt. Es regnet. Und uns gehen die sauberen Socken aus. Also checken wir erst mal ein, entledigen uns unserer dicken Motorradkleidung und füllen die Waschmaschine. Reiseroutine halt.

Als es ein bisschen aufklart, unternehmen wir einen Spaziergang durch den Ort. Allerdings nicht lange, da es schon wieder nieselt. Für morgen ist besseres Wetter angesagt, zumindest für den Nachmittag. Das ist gut, wenn wir würden uns schon etwas ärgern, wenn das langersehnte Ziel unserer Reise im Regen liegen würde.

Wobei Skarsvag bei besserem Wetter schon einen längeren Spaziergang wert gewesen wäre. Wir beobachten, wie sich ein Schwarm von Möwen an einer Fischfabrik über die Reste hermacht. An einer Hauswand sehen wir eine Vielzahl von Fischschwänzen, an denen Namen, Datum, Gewicht und Länge vermerkt sind. Wohl eine Art Wettbewerb, wer den größten bzw. schwersten Fisch an Land ziehen konnte. Und nicht zuletzt unterhalten wir uns ein wenig mit einem der Fischer, der sich gerade um seine Ausrüstung kümmert.

Norwegen Skarsvag Möwen
Möwen am Hafen in Skarsvag

Endlich am Ziel: Das Nordkap im Sonnenschein

Am nächsten Tag ist das Wetter besser. Wir fahren erst mal nach Honningsvag zum Einkaufen und bestaunen auf dem Rückweg zum Campingplatz ausgiebig Rentiere am Straßenrand. Am Nachmittag ist es dann endlich so weit: es hat aufgeklart und wir fahren die letzten 15 Kilometer zum Nordkap. Dort angekommen fahren wir unbehelligt am Tickethäuschen vorbei, denn das ist zu dieser Tageszeit bereits geschlossen (aktuelle Öffnungszeiten findet ihr hier). Auf dem riesigen Parkplatz stehen ein paar Wohnmobile und Autos etwas verloren herum. Wir umrunden die Nordkaphalle und da ist es endlich: das Ende der Welt mit der stilisierten Weltkugel. Wir haben es endlich geschafft.

OK, es ist nicht das Ende der Welt, noch nicht mal der nördlichste Punkt Norwegens, aber wir haben uns lange auf diesen Augenblick gefreut und nun ist er endlich da. Und wir sind ganz alleine dort, so dass wir den Augenblick voll genießen können. Anscheinend haben wir den richtigen Augenblick zwischen den Nachmittagsbesuchern und den Sonnenuntergangsliebhabern erwischt.

Später parken wir unsere Motorräder direkt unterhalb der Weltkugel und machen Fotos. Irgendwann mal kommen ein paar andere Menschen und wir stellen die Bikes an die Seite, um die anderen bei ihren Fotos damit nicht zu stören. Wir kommen mit einigen Reisenden ins Gespräch, aber nach einiger Zeit sind wir wieder alleine und starten eine neue Runde Fotos. Wolken ziehen auf, der Himmel zieht sich zu und das Licht wird immer schöner. Wir sind doch froh, in Tromsö noch einen Selfiestick gekauft zu haben, der mittels Fernauslöser jetzt den richtigen Winkel für die Bilder hat.

Norwegen Nordkap Weltkugel Motorräder
Unsere Africa Twins vor der Weltkugel am Nordkap

Abends zurück in der Hütte liegen wir einfach nur da und grinsen vor uns hin.

Von Norwegens Südkap bis zum Nordkap: einfach eine tolle Motorrad-Reise

Der Rest ist tatsächlich nur noch „der Rest“.

Über den Rest der Reise durch Norwegen lässt sich nicht mehr viel sagen. Wir übernachten in Skoganvarre auf einem eigentlich schon geschlossenen Campingplatz, Die Besitzerin hatte offensichtlich vergessen, den Platz bei booking.com herauszunehmen und ist ganz überrascht, als wir auftauchen. Als wir aber eine Buchungsbestätigung vorzeigen können, dürfen wir bleiben. Wir kriegen sogar ein Upgrade und schlafen daher in einer geräumigen 6-Bett-Hütte.

Der Weg nach Kirkenes ist recht schön, da wir durch eine Art indian summer fahren. Die Stadt selbst ist eher langweilig. Allerdings amüsiert mich das Straßenschild mit der Aufschrift Murmansk. Murmansk klingt für uns Europäer immer so weit weg, aber hier ist es buchstäblich „um die Ecke“.

Am nächsten Morgen trinken unseren letzten Cappuccino an der Tankstelle und machen uns auf Richtung finnischer Grenze. Ob die uns trotz Reisewarnung ins Land lassen?

Unser Fazit zu Norwegen: wir kommen auf jeden Fall wieder!

Norwegen ist eher hochpreisig, daher ist eine Campingausstattung sehr praktisch, solange das Wetter nicht zu schlecht ist. Selbst kochen schont das Budget ebenfalls sehr. Wir haben festgestellt, dass Fisch und Krabben im Supermarkt sehr günstig sind, daher stand besonders frischer Lachs sehr oft auf unserer Speisekarte. Milchprodukte dagegen waren eher teuer, Obst und Gemüse war etwas teurer als wir es aus Deutschland kennen. Über die hohen Alkoholpreise in Skandinavien muss ich wohl nicht viel sagen, diese sind ja auch fast sprichwörtlich. Kein Wunder, dass in grenznahen Städten wie Hirtshals oder Tallinn spezielle Alkoholgeschäfte direkt am Hafen zu finden sind.

Auf der anderen Seite ist Norwegen eines der schönsten Länder, die wir kennen. Wir haben uns viel Zeit gelassen auf unserem Weg Richtung Nordkap, haben immer wieder Schlenker und Umwege in unsere Route eingebaut und waren wieder und wieder begeistert: kurvige Straßen, kristallklares Wasser, schroffe Felsformationen, eine Landschaft oft wie im Märchen. Auch wenn wir gerade in der zweiten Hälfte manchmal gefroren haben, hat uns die Landschaft doch immer wieder aufgeheitert. Und auch wenn die Norweger skandinavisch zurückhaltend sind, konnten wir doch immer wieder ins Gespräch kommen und haben das sehr genossen.

Nach Norwegen kommen wir sicherlich bald wieder.

Und wie immer: wer Lust auf mehr Fotos hat, dem lege ich unsere Bildergalerie Norwegen ans Herz. Viel Spaß beim Stöbern.

Und falls jemand die Teile eins, zwei und drei unserer Norwegenserie verpasst hat, hier noch mal ALLE Links:

Landkarte Norwegen
Vom Südkap zum Nordkap – unser Weg durch Norwegen

2 thoughts on “Wir sind am Nordkap – und finden es spektakulär

  • „wir kommen auf jeden Fall wieder!“
    Tja – würde mir auch gefallen. Meine letzte Norwegen-Tour ist auch schon wieder 10 Jahre her: Preikestolen, Dalsnibba, Å und Nordkap – und noch vieles mehr. Allerdings würde ich beim nächsten Mal nur im Süden bleiben … Bergen und Ålesund habe ich damals „links liegen lassen“ – leider.
    Euch wünsche ich eine gute Zeit in Finnland!
    VG Wolfgang

    Antwort
    • Lieber Wolfgang,
      wenn Dir Norwegen gefallen hat, dann wird Dir unsere Bildergalerie erst Recht Lust aufs Wiederkommen machen.
      Es gibt immer ein zweites Mal. 🙂
      Norwegen ist einfach zu schön, um es nur einmal zu besuchen.
      Liebe Grüße,
      Daniela

      Antwort

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