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Wilde Natur und herzliche Bewohner in Georgien

Wir wissen gar nicht, was uns mehr begeistert in Georgien: die Natur oder die Bewohner. Wie versprochen berichte ich noch über das Thema Natur in Georgien. Dieser Artikel könnte auch sehr kurz sein: nämlich „umwerfend“.

Mit etwas mehr Zeit und Muße lassen sich aber noch viele weitere Adjektive finden – und da wir gerade in unserem schönen Bed&Breakfast in Armenien um mehrere Nächte verlängert haben, begebe ich mich mal auf die Suche nach diesem Adjektiven.

Wir haben Tbilisi vor ein paar Tagen verlassen, um noch ein bisschen in den Bergen des Nordkaukasus herumzukurven. Es ist gar nicht so einfach, zu entscheiden, wo es hingehen soll: Omalo, Shatili oder Gergeti, DEM Postkartenmotiv Georgiens? Oder einfach alle drei Orte hintereinander? Wir entscheiden uns für alles und starten mit dem Weg nach Omalo.

Leider zieht sich der Weg aus Tbilisi heraus ziemlich und wir nehmen den Pass erst am Nachmittag in Angriff. Die Strecke erweist sich als ziemlich anspruchsvoll und steinig. Meine stark tiefergelegte und entsprechend hart gefederte BMW tanzt ganz schön unter mir. Irgendwann stehen wir vor einer Baustelle, Bagger beseitigen einen Felsrutsch, die anvisierte Wartezeit beträgt über eine Stunde. Wir überlegen. Es ist bereits spät am Nachmittag, wir haben auch vorsichtshalber keine Unterkunft vorgebucht – und so drehen wir um. Eine Stunde zuvor hatten wir eine hübsche Wiese am Fluss gesehen, auf der eine Gruppe gepicknickt hat. Sie haben synchron die Arme gehoben und uns zugewinkt, als wir vorbeifuhren. Dorthin fahren wir zurück.

Eigentlich freuen wir uns eher auf Ruhe und chillen im Campingstuhl, aber da haben wir die Rechnung ohne die Georgier gemacht. Auch ohne verbale Verständigungsmöglichkeiten lassen sie unsere Ausreden nicht gelten und schleppen uns zu ihrem Picknick. Dort finden sich viele Köstlichkeiten, die wir in der georgischen Küche so schätzen: Chatschapuri (gebackene Teigtaschen mit Käse), Chacapuli (Fleischsuppe mit Estragon und vielen weiteren Gewürzen), Jonjoli (Salat aus eingelegtem was-auch-immer-Blüten) – und natürlich Auberginen mit Walnusspaste. Dazu Wassermelone und VIEL Selbstgebrautes.

Der Abend vergeht wie im Flug, wir passen uns den georgischen Gewohnheiten an und trinken mit. Zum Glück gibt es nicht das ganz harte Zeug. Es wird gesungen, getanzt, Reden werden gehalten. Ja, auch wir halten diese, auch wenn keiner Deutsch oder Englisch versteht und wir nur wenige Worte Russisch beherrschen. Am Ende des Abends sind wir um eine wunderbare Erfahrung und zwei große Weinflaschen reicher. Und wir wissen, was Prost auf georgisch heißt: gaujarmos!

Die Gruppe hatte sich einen Kleinbus mit Fahrer genommen und bei Sonnenuntergang sind wir dann allein auf der Wiese. Wir bauen das Zelt auf und genießen das Geplätscher des Flusses und die wilde Schönheit Tushetiens. Für die spärliche Bevölkerung ist das Leben hier sicherlich nicht leicht, aber wir genießen es.

Am nächsten Tag frühstücken wir mit den Kühen, denen die grüne Wiese ähnlich gut gefällt wie uns. Wir ziehen allerdings Tee und Müsli sowie Reste des Picknicks dem Gras vor. Dann geht es weiter Richtung Shatili. Shatili liegt gar nicht weit von Omalo entfernt. Wer will, kann es mit ein paar Tagen Trekking über die Berge erreichen, wir dagegen nehmen die Schotterpiste zurück und biegen später am Tag wieder gen Norden ab. Hier ist die Piste etwas leichter zu fahren, das Tal ist weiter und heller. Aber auch hier ist es für uns nicht immer einfach. Ein halbes Dutzend Baustellen befinden sich auf dem Weg. Sie bestehen immer auf 1-3 Baggern und ein paar Arbeitern in Warnwesten und mit Helm.

Mit einem Auto müssten wir vermutlich lange Wartezeiten in Kauf nehmen, für uns Motorradfahrer machen die Bagger meist schnell Platz und lassen uns durch. Mehr als einmal errichtet ein Bagger extra für uns eine kleine Plattform neben sich, damit wir ihn umfahren können. Leider bestehen diese Stellen aus losem und tiefem Schotter oder lockerem Sand, so dass wir mit unseren Bikes ganz schön kämpfen. Einmal kippe ich zur Seite (glücklicherweise zur Hangseite) und hänge mit meinem Stiefel unter dem Motorrad fest. Zum Glück sind Wolfgang sowie einer der Arbeiter sehr schnell da, um das Motorrad anzuheben und mir zu helfen. Nix passiert, es geht weiter.

Das Tal ist umwerfend schön: hell, grün, mit Schneeresten in den Felsspalten, der Weg schlängelt sich an einem Bach entlang. Immer mal wieder überqueren wir kleine Bäche, die sich über die Straße ergießen. Macht Spaß und ist hübsch anzusehen, wenn Wolfgang vor mir mit spritzenden Reifen fährt, eine echte Herausforderung ist es aber nicht.

Es ist schon nach 19 Uhr als wir in Shatili ankommen, wir haben den Zeitbedarf ziemlich unterschätzt. So sind wir auch froh, dass uns das Guesthouse noch leckeres Abendessen anbietet. Später schlendern wir zum angrenzenden Campingplatz und vernichten unsere Weinreserven u.a. mit dem Griechen George, den wir unterwegs ein paar Male getroffen haben.

Am nächsten Morgen konsultieren wir unsere Karte und stellen fest, dass die Straße hinter Shatili noch weitergeht und bis fast an die tschetschenische Grenze führt. Also brechen wir Richtung Norden auf. Wir machen einen Abstecher in ein schönes grünes Tal mit Flusslauf und Mohnblüten am Wegesrand. Es ist holperig und voller Schlaglöcher, aber die wunderschöne wilde Landschaft wiegt die Anstrengung und den abzusehenden Muskelkater bei weitem wieder auf.

Anmerkung für Nicht-Motorradfahrer: schlechten Untergrund bewältigt man am besten stehend auf dem fahrenden Motorrad. Das bedeutet aber häufigen Wechsel zwischen Sitzen und Stehen und damit gutes Training für Oberschenkel und Hinterteil.

Gegen Mittag machen wir uns auf den Rückweg und finden später am Nachmittag im südlichen Tal eine schöne grüne Wiese. Sie ist von der Straße aus nicht einsehbar und eignet sich damit sehr gut zum Wildcampen. Am Fluss testen wir zum ersten Mal unseren Wasserfilter, der sich als einfach in der Handhabung erweist. Wir kochen und bereiten ein Lagerfeuer vor. Als wir gerade anfangen zu essen, hören wir ein Motorrad und laufen zum Rand der Wiese, gerade rechtzeitig, um George auf dem Weg abzufangen. Wir essen gemeinsam und kämpfen später mit feuchtem Feuerholz, das Lagerfeuer brennt trotzdem und wärmt uns, während wir Reisegeschichten und Süßigkeiten austauschen.

Diese Tage mit den Touren nach Tushetien und Shatili sind unser Georgien-Highlight. Batumi war spannend, Tbilisi eine Erfahrung, und auch die Georgische Heerstraße wollten wir unbedingt sehen. Am eindrücklichsten aber war die wilde Schönheit und die unbedingte Herzlichkeit der Georgier, die uns immer im Gedächtnis bleiben wird.

3 thoughts on “Wilde Natur und herzliche Bewohner in Georgien

  • Danke dafür, dass ihr eure Eindrücke „teilt“ … toll beschrieben, schöne Bilder!
    Schade das Georgien soooo weit weg ist für uns MünchenBiker …

    Antwort
    • Lieber Wolfgang,
      Danke fürs Lesen und Kommentieren, wir freuen uns immer, etwas aus der Heimat zu hören!
      Haben übrigens letzte Woche ein Pärchen aus Schwerin getroffen, die einen 4-Wochen Georgienurlaub mit den eigenen Bikes per Autoreisezug bis Edirne begonnen haben. Am Schwarzen Meer entlang ist man dann schnell in Georgien.
      Liebe Grüße,
      Daniela

      Antwort
      • Hallo ihr beiden,
        den Autoreisezug von Villach nach Edirne habe ich auch schon auf der Liste – für eine Tour durch Griechenland … eigentlich für August geplant, aber nun ins nächste Jahr verschoben.
        Aber ihr habt recht – links geht’s nach Georgien … eine Überlegung wert!
        Euch weiterhin eine gute Fahrt.
        VG Wolfgang

        Antwort

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