Langsame Genüsse: Faultiere und die Kunst, Schokolade in vollen Zügen zu genießen

Panama ist nicht nur für seinen sensationellen Kaffee bekannt, sondern auch für seinen Kakao. Auf dem Weg nach Bocas del Toro besuchen wir daher eine Bio-Kakaoplantage, die von einer Gruppe von Indigenen geführt wird. Aber bevor wir dort ankommen, gibt es noch eine kleine Begegnung der besonderen Art.
Enrique, unser Busfahrer des Tages, stoppt auf einmal und deutet durch die Windschutzscheibe auf einen Baum. Wir schauen und sehen – nichts.
Zumindest nichts außer Ästen, Blättern, Lianen und allerhand Grünzeug, das wir nicht weiter benennen können. Aber nachdem Enrique standhaft weiterdeutet und wir seine spanischen Worte nicht verstehen, steigen wir aus und suchen weiter.
Plötzlich bewegt sich etwas. Was wir für eine Blätteransammlung oder einen Ameisenbau gehalten haben, entpuppt sich tatsächlich als Faultier. Sehr gemächlich klettert es in luftiger Höhe herum. Und wir sind mal wieder hin und weg vor Begeisterung.

Ein Faultier
Ein Faultier am Straßenrand

Die Oreba Kakaofarm: Einblicke in die Traditionen der indigenen Kakaoproduzenten

Wir fahren weiter Richtung Almirante, zur Kakaoplantage. Schon der Weg dorthin ist ein Erlebnis: Wir verlassen die große Straße, der Bus quält sich den Berg hoch. Die Fahrbahn wird rauer, die Schlaglochdichte wächst. Plötzlich stehen wir unvermittelt in einem kleinen Dorf: Vor einem Holzhaus steht ein kleiner Mann, der uns mit hochgereckten Armen und einem begeisterten Lächeln empfängt: Mao. Er grinst, stellt sich vor und erklärt sofort, dass er außer dem Namen nichts mit dem Gründervater der Volksrepublik China gemein hat.

Zu der Oreba Kooperative gehören rund 30 indigene Familien, die hier organischen Kakao anbauen. Gegenüber vom Gemeinschaftshaus haben wir einen guten Blick auf dem Fluss, in dem einige junge Frauen Wäsche waschen. Ja, richtig gelesen. Das Dorf hat noch keinen Anschluss ans öffentliche Stromnetz, so dass viele Alltäglichkeiten noch traditionell ausgeführt werden.

Mann vor Farm
Herzliche Begrüßung auf der Oreba-Plantage
Kinder am Fluss
Zugucken beim Wäschewaschen am Fluss

Mao führt uns nach drinnen, es gibt erst einmal Mittagessen. Eine einfache Mahlzeit mit allen, was die Gärten hergeben: ein Stück gebratenes Hühnchen mit Maniok und Wasserspinat. Im Anschluss führen uns Mao, Samuel und Katia in die Plantage.

Der Pfad führt direkt in den Regenwald. Langsam arbeiten wir uns den Hügel hoch. Bei etwa 35 Grad und 90% Luftfeuchtigkeit gestaltet sich die Wanderung recht schweißtreibend. Wir sehen Bäume mit gewaltigen Bretterwurzeln. Daneben Sternfruchtbäume, Wasserapfelbäume mit ihren leuchtend pinkfarbenen, fächernen Blüten. Und Yukkas, die fast wie Marihuanapflanzen aussehen. An fast allen Pflanzen hängt Moos.

Die bis zu 30 cm langen, ovalen Kakaoschoten bilden ein breites Farbspektrum ab: von hellem Gelb über Violett und Rot bis zu diversen Gelb- und Brauntönen. Leider auch schwarz. Mao erklärt uns, dass die schwarzen Früchte von einem Pilz befallen sind, der in ganz Mittelamerika ca. 80% der Kakaoernte zerstört. Dagegen können sie kaum etwas ausrichten, ihre Existenzgrundlage ist massiv bedroht.

Bretterwurzeln
Bretterwurzeln
Kakaoschote
Kakaoschote

Mao pflückt eine besonders gut aussehende Kakaoschote, diese werden wir später weiterverarbeiten und probieren.
Kakaobäume kennen keine Jahreszeiten, sie wachsen kontinuierlich das ganze Jahr über. Zur Ernte werden die Schoten gepflückt und die glitschigen Samen herausgeschält. Diese müssen dann im Schatten fermentieren, bevor sie in der Sonne getrocknet werden.
Die Dauer dieses Prozesses hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie Luftfeuchtigkeit, Sonnenlicht und Temperatur. In den ersten Tagen müssen die Kakaobohnen alle 30 Minuten gewendet werden, damit sie nicht schimmeln. Das ist eine Menge Handarbeit.

Mann
Mao

Der Weg von der Kakaoschote zur Schokoladenpaste

Wir haben es leichter: Mao schält die Kakaofrucht – und wir dürfen die weichen Samen kosten. Nicht so lecker, schmeckt kaum wie Schokolade, eher fruchtig. Dann greift Katia in ihre Tasche und holt getrocknete Kakaobohnen hervor, nach dem Motto „Ich hab da mal etwas vorbereitet.“
Wir probieren. Das schmeckt schon eher nach Schokolade, allerdings etwas eintönig. Die restlichen Bohnen landen in einer Pfanne und werden über dem Feuer geröstet. Das dauert eine ganze Zeit. Währenddessen erzählen Mao und Samuel von Schokolade und von ihrem Alltag. Davon, dass Kakaobohnen einst für Mayas und Azteken als Zahlungsmittel galten. Von ihrem harten Alltag auf der Plantage. Und vom Versuch, neue Kakaosorten zu züchten, die dem schwarzen Pilz standhalten. Wir hängen gebannt an ihren Lippen, während sich der Duft der gerösteten Kakaobohnen langsam verbreitet.
Wieder dürfen wir probieren. Ja, so langsam kommen wir dem Schokoladengeschmack auf die Spur. Im Gegensatz zu den fruchtigen Samen und dem langweiligen Trockenprodukt schmecken die gerösteten Bohnen ausgezeichnet: bitter, aber unglaublich schokoladig. Die Konsistenz ist allerdings bröckelig und hat absolut gar nichts mit der Schokolade zu tun, die wir aus dem Supermarkt kennen.

Kakaobohnen werden über dem Feuer geröstet
Kakaobohnen werden über dem Feuer geröstet
Kakaopaste
Kakaopaste: lecker, aber bitter


Kakaobohnen bestehen zu etwa 50% aus Kakaobutter, die restlichen 50% nennt man Kakaomasse. Durch den Kakaobutteranteil kann man eine cremige Paste erzeugen, was Katia uns auch vorführt: Zwischen 2 Steinen reibt sie die Kakaobohnen – und wieder probieren wir: Mit Rohrzucker und Milch vermischt kommt es meiner Vorstellung einer erstklassigen Schokolade schon sehr nah, auch wenn mir noch immer die Süße fehlt. Ich lasse die Paste langsam im Mund zergehen und schließe die Augen. Hmmm, köstlich!
KOI MOI!! Das bedeutet Danke in der lokalen indigenen Sprache.
Am Ende finden wir uns im Shop des Dorfes wieder und decken uns mit Kakaonibs und Schokopulver ein. Und wir drücken die Daumen, dass die Dorfbewohner ihr Pilzproblem in den Griff bekommen.

Dorfhaus
Dorf-Impressionen
Dorf-Impressionen
Dorf-Impressionen 2

Wir machen uns auf den Rückweg. Als wir die große Straße erreichen, sehen wir die Strommasten, die sich noch im Bau befinden. Der Strom wird das Dorf bald erreicht haben. Dann muss die Wäsche nicht mehr im Fluss gewaschen werden.

Soweit für heute. Vor lauter Schokoladenbegeisterung habe ich es nicht, wie angekündigt, bis Bocas del Toro geschafft. Ihr müsst euch bis zum nächsten Artikel gedulden.

Zum Abschluss – wie meist – noch zwei Infos:

1. In unserer Fotogalerie Panama sehr ihr noch mehr Bilder

2. Hier zur besseren Übersicht die Liste aller Artikel unserer Zeit in Panama.

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